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Waffenstillstand bereits geschloffen fand. Er kehrte daher im folgen¬
den Jahre wieder nach Deutschland zurück. Einige Jahre später
trat er mit demselben militärischen Grade in preußische Dienste und
verwandte stets seine Mußestunden zum Studium seines Fachs. Er
stand kurze Zeit in Potsdam, garnisonirte von 1789 an als Haupt¬
mann der niederschlesischen Füsilier-Brigade abwechselnd in Bunzlau,
Löwenberg und Zauer und nahm 1793 und 1794 an dem Feldzuge
in Polen Theil. Hier galt er für den geschicktesten Ofstziec beim
Regiments; aber seine Talente waren unerkannt bis 1806, wo ihn
der König bemerkte und hervorzog. Sein Bataillon stand damals
unter dem Prinzeil Ludwig, und da nach dem unglücklichen Ge¬
fechte bei Saalfeld die Oberoffiziere geblieben waren, so wurde
ihm die Zurückführung desselben übertragen. Feinde ringsum, hatte
er mit den größten Schwierigkeiten zu kämpfen; aber alle wurden
geschickt und kühn überwunden und das Häuflein glücklich nach
Preußen gebracht. Im folgenden Jahre (1807) wurde er als Oberst¬
lieutenant dem hartbedrängten Kolberg zu Hülfe geschickt und er¬
hielt diese Festung seinem Könige, obschon sein Vorgänger Manches
verdorben hatte, und die Feinde ihn durch ein fürchterliches Bom¬
bardement stark beunruhigten. Der Friede von Tilsit war ge¬
schlossen; mit ihm endete auch die Belagerung dieser Stadt. Gneisenau
erhielt scheinbar seinen Abschied und ging nach England,' wo er für
seinen Hof insgeheim wirken sollte. Im Jahre 1810 wurde er im
Ministerium angestellt. Hier entwickelte er eine bedeutende Thätig-
keit, die sich auf die Vorbereitungen zu einem großen Kriege er¬
streckte. In Verbindung mit S ch a r n h o r st suchte er die Kräfte
des Volkes für den großen Kampf zu erwecken, welcher bevorstand.
Napoleons verhängnißvolles Jahr kam. Gneisenau wurde zum
Generalmajor ernannt und befehligte den Rückzug von Lützen nach
Breslau — dieses Meisterstück der Kriegskunst! — auf welchem er
dem Feinde 40 Kanonen abgewann, während er selbst nicht eine
einzige verlor. Der bekannte Waffenstillstand wurde abgeschlossen.
— Gneisenau ließ diese Zeit der Ruhe nicht unbenutzt vorübergehen,
sondern ocganisirte die Landwehr, wurde General-Gouverneur von
Schlesien und sandte aus seiner Provinz 100,000 Mann unter die
preußischen Fahnen. Zu in Nachfolger Scharnhorst's ernannt, ent¬
wickelte er in der Schlacht an der K a tz b a ch eine preiswürdige
Thätigkeit, trug viel zu dem glücklichen Uebergange der schlesischen
Armee bei Wartenburg über die Elbe bei und erwarb sich großen
Antheil an dem Ruhme, welcher die deutschen Waffen in der Völker¬
schlacht bei.Leipzig umstrahlte. Durch seine Anstrengung ward
Paris genommen und ihm dafür königlicher Lohn gewährt — eine
Domäne, der Grafentitel und die Ernennung zum General der
Infanterie. Als solcher half er dem alten Blücher die Schlacht bei
Waterloo gewinnen. Hier sowohl, wie in der Schlacht bei Ligny,
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