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ein Sinnbild männlicher Ackerbeschäftigung sein, die Binde die weib¬
licken Arbeiten bezeichnen. Da dem Vater das Recht über Leben
und Tod seiner Kinder zustand, so wurde ihm jedes neugeborne
Kind zu Füßen gelegt. Dadurch, daß er es aufhob, verpflichtete
er sich stillschweigend gnr Erziehung desselben. Ließ er es liegen,
so ward es entweder getödtet oder ausgesetzt. Diese unnatürliche
Sitte finden wir jedoch nur in den weniger aufgeklärten Zeiten.
Am 7. oder 10. Tage nach der Geburt gab man sämmtlichen Ver¬
wandten einen Opferschmaus, bei welchem das Kind einen Namen
erhielt. Berühmte Namen unter den Vorfahren wurden Hern erneuert,
denn Familiennamen hatten die Griechen nicht, daher auch zur näheren
Bezeichnung immer angegeben wurde, wessen Sohn der Genannte sei.
Um dem neuen Bürger seine künftigen in Athen so bedeutenden
Rechte zu sichern, mußte er in die Verzeichnisse der Stämme ein¬
geschrieben werden. Man that dies unter Beobachtung bestimmter
Feierlichkeiten. Die Eltern mußten beschwören, daß der Knabe
der Sohn eines Bürgers und einer Bürgerin sei. Gewöhnlich geschah
dies zwischen dem 1. und 3. Lebensjahre. Im 18. Jahre wurde der
Jüngling in die Klasse der Vaterlandsvertheidiger ausgenommen und
zum Kriegsdienst verpflichtet. Vor den Altären mußte er einen heiligen
Eid schwören, die Waffen des Staats nicht zu beschimpfen, seinen Po¬
sten nicht zu verlassen, und sein Leben für das Vaterland aufzuopfern.
Endlich im 20. Jahre wurde der junge Athener unter die Männer,
in die Register seines Stammes eingeschrieben. Nun konnte er den
Volksversammlungen beiwohnen, sich um Staatsämter bewerben, und,
wenn sein Vater schon gestorben war, sein Vermögen selbst verwalten.
Welch' ein großes Gewicht die Alten auf die Erziehung legten,
geht schon daraus hervor, daß die Gesetzgebung immer mit derselben
den Anfang machte. Als Gegenstände der Jugendbildung nennen die
Griechen Gymnastik und Musik. Die erstere ward in Gymnasien
geübt. Eigentlich bedeutet Gymasium einen Ort, wo man nackt er¬
scheint, um sich in körperlichen Geschicklichkeiten zu üben. Solcher
Orte gab es drei in Athen; alle drei lagen außerhalb der Stadt¬
mauern. Es waren weitläufige Gebäude, von Gärten und einem
heiligen Haine umschlossen. Im Sommer turnte Jung und Alt auf
dem in der Mitte liegenden Uebungsplatz; im Winter geschah es
unter der Säulenhalle des Seitengebäudes. In den Gebäuden gab
es außerdem besondere Zimmer für das Aus- und Ankleiden, für
das Einölen und Baden. Auch lehrten in den Hallen die Philosophen
(Denker) und Rhetoren (Redekünstler), weshalb steinerne Bänke an
den Wänden umherliefen. In den Gymnasien lernte der Knabe
marschiren, mit und ohne Waffen springen; dann ringen, wobei
man sich einölte, laufen und den Speer werfen.
Zur Musik gehörte Gesang und das Spielen der Lvra oder der
Flöte. — Die Dichter, und vorzüglich Homer, waren die Grundlage