Object: Geschichte für die Mittelschulen der Stadt Frankfurt am Main

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Leute auch von allerlei geheimnisvollen Vorgängen zu erzählen. 
Die Freigrafen nahmen aus allen Teilen Deutschlands Klagen 
entgegen und luden die Angeklagten vor. Erschienen diese, so wurden sie 
sofort abgeurteilt, blieben sie aus, so waren sie verfemt. Jeder Freischöffe 
hatte dann das Recht und die Pflicht, die Strafe an dem Verfemten zu 
vollziehen, wo er ihn faffen konnte. Doch wurde solchen Vorladungen 
nur kurze Zeit wirklich Folge geleistet; denn es stellte sich bald die Un- 
Möglichkeit heraus, die Urteile zu vollstrecken. Zudem galten alle Frei- 
stuhle als gleichberechtigt. Der Angeklagte konnte sich ohne weiteres 
gegen den Kläger an einen anderen Freistuhl wenden, und dann galt das 
Urteil des ersten nicht. Dadurch litt ihr Ansehen. Als viele Freistühle 
gar ein Geschäft aus ihren Rechten machten, ging es fchnell mit ihnen 
bergab, und bald hatten sie nur noch örtliche Bedeutung. An ein- 
zelnen Stellen haben sich noch Spuren der Femgerichte bis ins 19. Jahr- 
hundert erhalten; in Dortmund grünte bis vor kurzem noch eine Femlinde. 
c) Folter und Strafen. Grausam und barbarisch war im 
Mittelalter die Behandlung der Angeklagten. Leugnete einer die 
ihm zugeschriebene Schuld, so kam die Folter zur Anwendung. Man legte 
dem Unglücklichen Daum- und Beinschrauben an, die ihm die Glieder der- 
artig zusammenpreßten, daß das Blut hoch herausspritzte uud die Knochen 
gequetscht wurden. Mau hing ihn mit den Händen an der Decke auf 
und beschwerte die herabhangenden Füße mit schweren Gewichten, fo 
daß sich der Körper des Gemarterten unter gräßlichen Schmerzen aus- 
dehnte. Wie mancher Unschuldige hat in dieser Not Verbrechen ge¬ 
standen, an die sein Herz nie gedacht hatte, nur um durch Hinrichtung 
aus dieser entsetzlichen Qual befreit zu werden. Die Hinrichtung 
fand statt durch Aufhängen am Galgen (Galgenfeld — am jetzigen 
Hauptbahuhofe; Galgengasse — jetzt Große Gallusstraße) oder auch durch 
Schwert und Beil. Bei kleineren Vergehen wurde der Körper zur 
Strafe verstümmelt, die Augen wurden geblendet, Hände oder Füße 
abgehauen, Nase und Ohren abgeschnitten. Mancher mußte auf dem 
Markte der Stadt an einem Schandpfahl, dem Pranger, stehen und 
sich von den Vorübergehenden verspotten lassen. 
Die Folter wurde auch gegen die Hexen gebraucht. Allgemein 
glaubte man, daß es Frauen gäbe, welche mit dem Teufel im 
Bunde ständen. Dieser verleihe ihnen die Kraft, Menschen und Haus- 
tieren Schaden zuzufügen, ja sie durch ihren „bösen" Blick zu töten. 
Alljährlich in der Walpurgisnacht hätten sie aus dem Brocken eine 
Zusammenkunft mit dem Teufel; auf Besenstielen oder schwarzen Böcken 
ritten sie durch die Luft dahin. So stellte man sich die Hexen vor. 
Kam eine Frau in den Verdacht, eine Hexe zu sein, so wurde sie ins 
Gefängnis geworfen. Durch die furchtbaren Martern der Folter er- 
preßte man von ihr unsinnige Geständnisse über Teufelsgeschichten und 
Zauberet. Der Scheiterhaufen endete dann ihre Leiden. Taufende von
	        
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