Rudolf von Habsburg. (1273—1291). — Herstellung der Ordnung. 499
fehlte das Scepter dazu. Da nahm Rudolf statt dessen ein Kruzifir und
sprach: „In diesem Zeichen ist die ganze Welt erlöset worden; das ist das
beste Scepter." So belehnte er die Fürsten mit dem Kreuz statt mit dem
Scepter; dies gefiel Allen gar wohl.
Nachdem nun Rudolf von Habsburg König der Deutschen geworden
war, hielt er es fürs Allerbeste, daß das Vaterland wieder innerlich stark werde
durch Ordnung und Recht, und gab lieber all' die stolzen Gedanken auf,
daß das deutsche Kaiserthum die ganze Welt beherrschen solle. Dies war
klug gethan und auch der Wille der deutschen Nation (durch die Fürsten);
nie hatte ja Deutschland ein Heil davon, seine besten Kräfte im Ausland
zu vergeuden. Daruin bestätigte Rudolf dem Papst alle Länder und Rechte
desselben, und vermied cs, nach Welschland zu ziehn. „Das ist," so sprach
er, „des Löwen Höhle; viele Fußtritte führen hinein, aber keiner wieder
heraus." So überließ er Welschland sich selbst. Seit der Zeit haben die
deutschen Könige den hohen Begriff des früheren Kaiserthums nie mehr im
alten Glanz verwirklichen können, gleichwohl aber den Titel römischer Kaiser
beibehalten. ' Hingegen konnten sich nun die Kräfte der deutschen Nation
um so tüchtiger in Deutschland selbst entwickeln.
Rudolf nahm sich redlich des deutschen Volkes an und bracht' es dahin,
daß Jedem endlich wieder sein Recht, und daß der heilige Friede, durch
welchen alles Gute gedeiht, auf der deutschen Erde wieder einheimisch wurde.
Als Anwalt aller Bedrängten, als Vollstrecker der Gerechtigkeit, zog er im
Vaterland umher. Da half den adligen Räubern, welche die schlichten Bür¬
ger niederwarfen und plünderten, weder Stammbaum noch Wappenschild;
Rudolf ließ sie, wie andre gemeine Schurken, ohne Umstände aufknüpfen und
zerstörte ihre Burgen. Dafür hatte ihn aber auch das Volk so lieb wie
einen leiblichen Vater, und nannte ihn das „lebendige Gesetz". Auch gefiel
dem Volke Rudolfs schlichtes Wesen, denn er lebte grade so wie ein Mann
mitten aus dem Volk, flickte sich gar oft sein graues Röcklein selbst und aß
im Krieg Rüben vom Feld; eitel Schein galt vor ihm nichts, auch mocht'
er nichts Fremdes um sich leiden, weder in Sprache noch in Sitten. Gesetze
unb Urkunden ließ er deutsch niederschreiben; das allein verstand er und
wollt' es von allen Deutschen verstanden wissen. In gleichem Maße, wie
er für Frieden und Recht sorgte, trachtete er auch, die Reichsgüter wieder
zusammenzubringen, kurz: auf alle Weise Deutschland innerlich stark zu
machen.
Bei diesem Streben hatte er gar manche Fürsten und edle Herren ge¬
gen sich, welche sich aus Stolz oder Eigennutz seiner strengen Gerechtigkeit
nicht fügen wollten. So war ihm Herzog Heinrich von Niederbaiern bald
heimlich, bald offen mißgünstig; so auch im Schwabenland mehrere Grafen,
besonders die beiden von Würtemberg, Ulrich und Eberhard, und der Mark¬
graf von Baden. Doch Rudolf, der tüchtige alte Kriegsmann, trieb sie
meistentheils zu Paaren.
Sein mächtigster Gegner war Ottokar von Böhmen, Herr des gan¬
zen östlichen Deutschlands, als gewaltiger Held weit und breit, zumal im
Preußenland berühmt, königlich von Geist, strotzend von Kraft, reich an
großen Gaben; wiewohl eine Slave von Geburt, dennoch ein Förderer deut¬
scher Bildung; der Großen Feind, der Niedrigen Freund, der Liebling der
Frauen unb des Glücks; aber durch Glück und Gewalt verwöhnt, auch zum
Uebermuth und zur Ungerechtigkeit geneigt. So hatte er seine Gemahlin
Margaretha, Friedrichs des Streitbaren von Oesterreich Schwester, weiland