Albrecht l. (1298-1308.)
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halten hatte, so daß ihm Wenzeslav tief grollte und sich mit seinen Feinden
verbündete. Doch dies war nicht der einzige Grund des Kriegs. Vielmehr
war der ländersüchtige Albrecht darüber tief erbittert, daß Wenzeölavs jun¬
ger Sohn, gleichen Namens, von einer Partei in Ungarn zum König die¬
ses Landes erwählt worden war. „Wie?" dachte Albrecht, „soll Ottokars
Geschlecht sich neben Habsburg mächtig ausbreiten, ja, es vielleicht noch
gar überflügeln? Nimmermehr!" Da nun eine andere Partei in Ungarn
den Prinzen Karl Robert von Neapel (Albrechts Neffen) zum König ha¬
ben wollte, so ergriff Albrecht diese Gelegenheit, unterstützte Karl Robert,
gebot dem König von Böhmen, voir Ungarn abzulassen, sprach, als es die¬
ser nicht that, (1304) die Reichsacht über ihn aus unt> fiel in Böhmen ein.
Wenzeslav starb indessen schon 1305 und feilt junger Sohn, Wenzes-
lav HI., that auf die Krone Ungarns Verzicht. Schon im nächsten Jahre
ward er in Olmütz ermordet und mit ihm erlosch Ottokars Mannesstamm.
Da zog Albrecht das Land Böhmen als verfallenes Reichslehen heim, um
es seinem Sohne Rudolf zu übergeben; und da die böhmischen Stände ihr
Wahlrecht behaupteten, so brachte er's durch List und Gewalt dahin, daß
Rudolf, ungeachtet großen Widerspruchs, doch zum König erwählt wurde.
Damals wollte Albrecht auch Meißen und Thüringen erwerben, indem er
zum Vorwand nahm: „König Adolf habe diese Lande nicht für sich, son¬
dern fürs Reich erworben." Um jedoch den Schein der Unparteilichkeit zu
haben, lud er Alle, welche um den Besitz derselben stritten, (1306) zur Ent¬
scheidung vor sich gen Fulda. Da nun die zwei Brüder, Friedrich mit
der gebissenen Wange und Diezmann, nicht dahin kamen, so that Al¬
brecht sie in die Reichsacht und führte viel Kriegsvolk aus Schwaben und
vom Rhein nach Thüringen; das ward jedoch (1307) bei Lucka (im Al-
tenburgschen) so tüchtig geschlagen, daß in Thüringen das Sprichwort auf¬
kam: „Ja, dir wirds glücken, wie den Schwaben bei Lücken." — Das
war im Mai. Bald darauf (im Juli 1307) starb Albrechts Sohn, König
Rudolf von Böhmen. Dieser hatte sich, während der kurzen Zeit seiner
Herrschaft in Böhmen, so verhaßt gemacht, daß die dortigen Stände keinen
Habsburger mehr zum König haben wollten, und eilig dem Herzog Hein¬
rich von Kärnthen die Krone gaben. Voll Grimm, daß Böhmen für sein
Geschlecht verloren sein sollte, zog Albrecht mit Kriegsschaaren dahin; doch
konnte er mit all' seiner Heeresmacht gegen das Nationalgefühl der Böh¬
men nichts ausrichten.
So schlau Albrecht war, so mißkannte er doch die höher waltende Ur¬
sache des Mißgeschicks, welches alle seine Pläne, ungeachtet seiner großen
Macht und Beharrlichkeit, zu Schanden machte, nämlich: daß Unrecht dem
zum Fluch wird, der es begeht. Und das ist die Strafe der Tyrannen, daß
der Dünkel ihres Eigennutzes ihren Verstand wie mit Blindheit schlägt. Sie
rechnen bei einem Volke nur die Köpfe aus, und wie viel Schwerter sie
brauchen, um solche zu kürzen, nicht den Geist des Volkes, welcher Schwer¬
ter von Miethlingen wie Strohhalme zerbricht, und während sie das Volk
zu verderben trachten, rennen sie blind ihrem eignen Verderben entgegen.
Erbittert und ganz erfüllt von Rachegedanken gegen Böhmen und Thürin¬
gen, ritt Albrecht gen Schwaben und in die Schweiz, wo er seine Stamm¬
herrschaften beträchtlich gemehrt, schöne Städte, Burgen und viel herrliches
Land zu seinem Eigen gemacht, manche erledigte Vogteien über reichsfreie
Kirchen und Klöster und fast alle Reichsvogteien an sein Haus gebracht
hatte; nur die drei Thalschaften Uri, Schwyz und Unterwalden, welche