Ariovist und Cäsar. (58 v. Chr.)
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Frühnebel die Schlacht. Ihre Schwenkungen hielten die Römer für Flucht
und folgten rasch. Das war's gerade, was die Kimbern gewollt; flink fiel
nun ihr Fußvolk den Römern in den Rücken. Schon verzweifelten Marius
und Catulus an dem Sieg, doch hielt der Letztere den Sturm der Feinde
noch mannhaft aus. Da schwinden plötzlich die Nebel, die Sonne verräth
die List der Kimbern und blendet sie, Staubwolken wirbeln ihnen ins Ge¬
sicht, und Verwirrung bricht ein. Jene Ketten werden nun ihr Verderben,
denn der Sterbende reißt im Falle den noch Kämpfenden mit sich zu Boden
und jeder ist gehemmt; die ungewohnte Hitze wirst den Rüstigsten nieder.
Jetzt hebt das Würgen an und währt den ganzen Tag. Bojorir fällt, um
ihn im hohen Haufen sein treues Geleite; zwei Anführer werden gefangen;
zwei andere fassen sich fest an den Händen, legen die Schwerter Einer an
des Andern Brust und durchbohren sich so wechselseits, um doch als Freie
zu sterben. 00,000 Landsleute waren erschlagen. Als Alles verloren war,
fochten die Weiber noch fort und erdrosselten endlich verzweifelnd ihre
Kinder und sich selber. Die treuen Hunde vertheidigten noch lange die
Wagenburg.
So erlagen diese deutschen Stämme. Daß sie sich getrennt hatten, war
der Grund ihres Verderbens. Aber die, so im Krieg gefangen worden
waren, verloren in der Sklaverei bei den Römern den Freiheitssinn nicht.
Deutsche waren es, welche in einem großen Aufstand der Sklaven den
römischen Staat an den Rand des Verderbens brachten; und lange Jahre
blieb es zu Rom ein Sprichwort: „Kimbrische Schrecken!" — Länger noch
ehrte und scheute das römische Volk das deutsche Helbenthum.
3.
. . . Cs Preise sich, wer Keinem
Mit seinem vcibe pflichtig ist auf Erden.
Dchtller.
Neun und zwanzig Jahre nach dem Untergang der Kimberit riefen im
Lande Gallien die Seguaner, die an der Saone saßen, die Deutschen am
Rhein, daß sie kämen und ihnen gegen ihre Nachbarn, die Aeduer, Hülfe
brächten. Alsobald führte ein Herzog im großen Stamme der Sueven,
Ariovist, eine Gefolgschaft von 15000 Deutschen über den Rhein, gewann
den Sieg, verlangte den dritten Theil des Landes, und lud seine.Landsleute,
die noch m der Heimath waren, ein, vaß sie nachkämen und mit ihm das
schöne Gallien gewännen. Da erschraken die Gallier und riefen zum
Schutz gegen die Deutschen den römischen Feldherrn Julius Cäsar herbei,
von dessen Kriegsruhm alle Lande voll waren. Schneller, als den Galliern
späterhin lieb sein mochte, zog dieser heran, und gebot gar trotzig und über-
müthig dem Ariovist: er solle fürder weder die Gallier, welche Rom in
Schutz genommen habe, irgendwie kränken, noch aufs Neue deutsches Volk
herbeirufen. Ariovist verachtete dies Gebot und rüstete lieber gegen den
stolzen Feind. Da bestellte mancher Muttersohn im römischen Heer in To¬
desangst sein Testament, als die Nachricht bekannt ward, es ginge gegen
Deutsche ins Feld. Doch Cäsar vertraute auf sein Glück und dies verließ
ihn nicht. Da er ausgekundschaftet hatte, daß die Deutschen, durch Pro¬
phezeihungen gewarnt, vor Neumond keine Schlacht beginnen wollten, drängte