Full text: Die brandenburgisch-preußische Geschichte

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Vom Tilsiter Frieden bis zum Jahre 1812. 
Gewerbefreiheit gegen Entrichtung einer mäßigen Patentsteuer ein, und 
größere Regsamkeit der Gewerbe und dadurch größerer Wohlstand des 
Volks mußten davon eine natürliche Folge sein. Auch waren nun 
die Handwerker nicht mehr in die Städte geb.annt, sondern konnten 
da leben und arbeiten, wo es ihnen am wohlfeilsten schien. Das 
Zwangswesen, die Lieferungen an die Armee, per oft so drückende 
Vorspann hörten auf, und die Stempelabgaben unterwarf man einer 
zweckmäßigen Untersuchung. Dann erschien für sammtliche Städte des 
Reichs eine neue Städteordnung, durch welche deren mangelhafte Ver¬ 
fassung verbessert und der ganz verlorne Gemeinsinn geweckt wurde. 
Ein neues Gesetz nahm dem Adel die Steuerfreiheit; ein anderes be¬ 
rechtigte zum Abkauf der herrschaftlichen Abgaben aller Art, — aller 
Lasten, aller Zwangsrechte, aller Geld- und Naturalzahlungen. 
Vorzüglich war des Königs Sorge, die Landleute in eine bessere 
Lage zu bringen und den Ackerbau möglichst zu heben. Es erschien 
nun das berühmte Gesetz, durch welches die Bauern freie Eigenthümer 
wurden, indem sie die Hälfte, oder ein Drittel ihrer untergehabten 
Ländereien an den Edelmann, dem sie zu schweren Frohndiensten ver¬ 
pflichtet waren, Zurückgaben und das Uebrige als echtes Eigenthum 
frei besaßen. Und dies war wirklich eine heilsame Anordnung, da 
manchem Landmanne durch die Frohnen oblag, 4 Tage mit Menschen 
und Vieh dem ■ Edelmanne umsonst zu dienen, und er deshalb für 
sich selbst kaum 2 Tage in der Woche zu arbeiten vermochte. Dazu 
mußte er noch Zehnten und Geld zahlen. Daher ist dies unstreitig 
die wichtigste und wohlthatigste Einrichtung unter allen, die unser 
König gemacht hat. Sie legte den Grund zu einem zahlreichen 
Stande freier Bauern, an welchen es dem preußischen Staate bis 
dahin fehlte. 
Um die Ausbildung des Volks zu fördern, stiftete der König die 
Universitäten zu Berlin und Breslau, so wie überhaupt, ungeachtet des 
Drucks und des Elends, welche auf dem Monarchen ruheten, von ihm 
doch in diesen Unglücksjahren an 1% Mill. Thaler zu des Landes 
Bestem verwendet wurden. 
Das Kriegsheer formte man ganz um. Zu Offr'zierstellen konnte 
jetzt Jeder gelangen, denn nur Kenntnisse und Tapferkeit galten, nur 
das Verdienst erhöhete. Alle entehrenden Strafen, als Prügel und 
Spießruthen, wurden abgeschafft. Die ausländischen Söldner entließ 
man, die Werbung im Auslande hörte auf, und nur Inländer hob 
man zu Soldaten aus. Man führte die allgemeine Waffen¬ 
pflicht ein, und dadurch erlangte man zugleich, dem Stande der 
Vaterlandsvertheidiger Achtung zu verschaffen. Zwar hatte Napoleon 
die Truppenzahl vorgeschrieben, die Preußen halten durfte, allein hier 
fand der edle General von Scharnhorst einen Ausweg. Die dienst¬ 
pflichtige Mannschaft behielt man nur so 4» lange, bis sie das Erer- 
ciren gelernt hatte; dann entließ man sie und berief andere an ihre 
Stelle. So überstieg man nie die bestimmte Summe und bildete
	        
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