203
Vom Tilsiter Frieden bis zum Jahre 1812.
Gewerbefreiheit gegen Entrichtung einer mäßigen Patentsteuer ein, und
größere Regsamkeit der Gewerbe und dadurch größerer Wohlstand des
Volks mußten davon eine natürliche Folge sein. Auch waren nun
die Handwerker nicht mehr in die Städte geb.annt, sondern konnten
da leben und arbeiten, wo es ihnen am wohlfeilsten schien. Das
Zwangswesen, die Lieferungen an die Armee, per oft so drückende
Vorspann hörten auf, und die Stempelabgaben unterwarf man einer
zweckmäßigen Untersuchung. Dann erschien für sammtliche Städte des
Reichs eine neue Städteordnung, durch welche deren mangelhafte Ver¬
fassung verbessert und der ganz verlorne Gemeinsinn geweckt wurde.
Ein neues Gesetz nahm dem Adel die Steuerfreiheit; ein anderes be¬
rechtigte zum Abkauf der herrschaftlichen Abgaben aller Art, — aller
Lasten, aller Zwangsrechte, aller Geld- und Naturalzahlungen.
Vorzüglich war des Königs Sorge, die Landleute in eine bessere
Lage zu bringen und den Ackerbau möglichst zu heben. Es erschien
nun das berühmte Gesetz, durch welches die Bauern freie Eigenthümer
wurden, indem sie die Hälfte, oder ein Drittel ihrer untergehabten
Ländereien an den Edelmann, dem sie zu schweren Frohndiensten ver¬
pflichtet waren, Zurückgaben und das Uebrige als echtes Eigenthum
frei besaßen. Und dies war wirklich eine heilsame Anordnung, da
manchem Landmanne durch die Frohnen oblag, 4 Tage mit Menschen
und Vieh dem ■ Edelmanne umsonst zu dienen, und er deshalb für
sich selbst kaum 2 Tage in der Woche zu arbeiten vermochte. Dazu
mußte er noch Zehnten und Geld zahlen. Daher ist dies unstreitig
die wichtigste und wohlthatigste Einrichtung unter allen, die unser
König gemacht hat. Sie legte den Grund zu einem zahlreichen
Stande freier Bauern, an welchen es dem preußischen Staate bis
dahin fehlte.
Um die Ausbildung des Volks zu fördern, stiftete der König die
Universitäten zu Berlin und Breslau, so wie überhaupt, ungeachtet des
Drucks und des Elends, welche auf dem Monarchen ruheten, von ihm
doch in diesen Unglücksjahren an 1% Mill. Thaler zu des Landes
Bestem verwendet wurden.
Das Kriegsheer formte man ganz um. Zu Offr'zierstellen konnte
jetzt Jeder gelangen, denn nur Kenntnisse und Tapferkeit galten, nur
das Verdienst erhöhete. Alle entehrenden Strafen, als Prügel und
Spießruthen, wurden abgeschafft. Die ausländischen Söldner entließ
man, die Werbung im Auslande hörte auf, und nur Inländer hob
man zu Soldaten aus. Man führte die allgemeine Waffen¬
pflicht ein, und dadurch erlangte man zugleich, dem Stande der
Vaterlandsvertheidiger Achtung zu verschaffen. Zwar hatte Napoleon
die Truppenzahl vorgeschrieben, die Preußen halten durfte, allein hier
fand der edle General von Scharnhorst einen Ausweg. Die dienst¬
pflichtige Mannschaft behielt man nur so 4» lange, bis sie das Erer-
ciren gelernt hatte; dann entließ man sie und berief andere an ihre
Stelle. So überstieg man nie die bestimmte Summe und bildete