Full text: Handbuch der Geschichte der Lande Hannover und Braunschweig

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oft vorkommt, — einen Fahnenwechsel, darum ist es wohl an der 
Zeit, für einen solchen Schritt unsers Stammvaters die richtige 
Beurtheilung zu bevorworten. Unser deutsches Vaterland gibt 
leider den unumstößlichen Beweis, daß der 30jährige Krieg mit 
seinen Folgen alle Verhältnisse, große und kleine, so überfluthet 
und beherrscht hatte, daß sich Alles, um nur zu leben, den Um¬ 
ständen fugen mußte; wer über diesen stehen und sie im selbststän¬ 
digen Handeln beherrschen wollte, ging gewiß unter. 
Nun hatte aber Georg nicht einmal die moralische Freiheit, 
nach Belieben zu bestehen oder unterzugehen. Eben war er be¬ 
stimmt, durch Vertrauen seiner Brüder, der Fortpflanzer eines 
mehr als 800jährigen erlauchten Geschlechts zu sein; er war da¬ 
durch wieder mittelbar der Erbe reicher Länder, in denen Hundert¬ 
tausende in einer schweren Zeit auf ihn als ihren Vater und Be- 
rather hinblickten. Georg mußte sich daher erhalten, und seine 
Verpflichtungen, die ihm t?on der Vorsehung auferlegt waren, 
waren größer als der eigene Wille. Als er daher klar vor seinem 
Geiste den Ausgang des dänisch-niedersächsischen Krieges sah, war 
seine höchste Verpflichtung, die Stellung zu ergreifen, welche ihm 
und den ©einigen in dem Meere von Verwicklungen, welche be¬ 
vorstanden, allein die lebenrettende Zuflucht gewähren konnte. 
Sein Vetter Christian der Jüngere von Braunschweig, unverhei- 
rathet, ohne Erben, der Letzte einer zum Außsterben bestimmten Linie, 
konnte wenigstens, da er keine Verpflichtungen für Descendenten 
hatte, für seine eigene Person handeln, wie er wollte; er konnte 
streiten als Ritter für die Königin Elisabeth, als Condvttiere, als 
OiantenSC;etb, — er hatte nur mit seinem eigenen Innern abzu¬ 
rechnen, der Erfolg mochte glücklich oder unglücklich für ihn ab- 
lanfen. Darin unterscheidet sich die Stellung der welfischen Vettern. 
Mag die Nachwelt die Thaten des Einen mit dem Schimmer der 
Romantik verschönern, dem Andern bleibt der Ruhm, als braver 
Familienvater für alle diejenigen gehandelt zu haben, deren Schick¬ 
sal die Vorsehung in näheren oder weitereil Kreisen an das seinige 
gekettet hatte. 
Der dänisch-niedersächflsche Krieg beganil. Georg hatte sich 
vollständig in des Kaisers Dienst begeben. Währeild Walleilstein 
mit dem kaiserlichen Heere von Osten llild der Elbe vordrang, 
führte Tilly, als Feldherr der Liga, vom Südeil her Niedersachseil 
überflntheiid, deil Hauptschlag. Georg war lirsprüilglich bestimmt, 
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