Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

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Gregor VII 1073 — 85. 
der Gefangnen von denen, welchen sie zur Bewachung übergeben waren, sret- 
gelaßen wurden, andre, wie B. Burchard von Halberstadt trotz der 
Gegenmaßregeln die Flucht gewannen, und da die Bauern, wegen der Ein¬ 
treibung von Steuern und Auferlegung von Diensten erbittert, wieder zu 
den Edeln hielten, rasch solche Ausdehnung anuahm, daß die königlichen 
Beamten und Besatzungen aus dem Lande weichen musten. Kann man es 
anders als verhängnisvolle Blindheit nennen, wenn Heinrich ans den Eid 
so viel Vertrauen setzte, daß er hoffte, nach ihrer Freigebung würden die 
übrigen sächsischen Gefangnen den Schwur, zur Beruhigung des Landes mit¬ 
zuwirken, halten? Auch Otto von Nordheim ward durch die Rückgabe 
seiner Söhne nicht bewogen, mit ihm ernstlich zu unterhandeln, er erfüllte 
sein den Sachsen nur für den Fall des Mislingens gegebnes Versprechen, die 
Freiheit des Landes bis zum letzten Hauch zu verteidigen. So stark fand 
Heinrich IV die Sachsen gerüstet, daß als er mit Wratislaw von Böhmen 
in Meißen einfiel, er umkehren mußte, ja der vierzehnjährige Ekbert vertrieb 
die Böhmen ans seinem Land und Adela ließ sich nicht aus der Lausitz ver¬ 
drängen H. Die oberdeutschen Fürsten hatten sich vereinigt aus den 
16. Oct. eine Versammlung nach Trebur zu berufen. Dort erschienen 
als Legaten Gregors VII der Bischof Altmann von Passau und der 
Patriarch Sighard von Aqnileia. Der Erzbischof Sigfrid von 
Mainz2), dessen Unwürdigkeit Gregor so oft und so kräftig gerügt hatte, 
daß man sich wundern muß, wie er ihn als Werkzeug seiner Absichten 
zulaßen konnte, ließ sich mit andern Bischöfen von Altmann absolvieren. 
Otto von Nord heim und Welf versprachen sich, ihren Streit wegen 
Baierns bis zur völligen Ordnung der Dinge ruhen zu laßen. Einmütigkeit 
herschte darüber, daß Heinrich den IV mit Recht dieErcommunication getroffen 
habe, wobei sich freilich Keiner in den Sinn kommen ließ, wie viel Schuld 
an den Unordnungen im Reich er selbst trage. Was hielt aber die Fürsten 
ab, die Entsetzung sofort zu beschließen? Die Verwendungen zu des Königs 
Gunsten mögen bei dem und jenem einigen Eindruck gemacht haben, in der 
Hauptsache aber war es die Ungewisheit, ob Gregor VII die Wahl eines 
neuen Königs zugeben werde, welche dahin drängte, den Boden zur Erreichung 
ihrer Absichten sichrer zu bereiten^). Nachdem man den Boten, welche tag¬ 
täglich Heinrich von Oppenheim sandte, jedes Gehör verweigert hatte, schickten 
die Fürsten selbst Beauftragte an ihn und gewärten folgende Bedingungen 
(Vertrag zu Oppenheim): er müße dem Papst seine Unterwerfung 
schriftlich anzeigen, könne aber nur von diesem asolviert werden und habe dies 
bis zum Jahrestage des Banns (dem 22. Febr. 1077) spätestens zu bewirken ^); 
alle seine noch im Bann befindlichen Anhänger habe er anzuhalten die Abso¬ 
lution von Rom zu suchen; durch einen aus deu 2. Febr. 1077 nach Augs- 
1) Floto II 103 — 109. Giesebr. Ul 364 — 69. — 2) Er hatte vorher den letz¬ 
ten sächsischen Gefangnen, den Söhnen der Adela nnd des Markgrafen Udo, die 
Freiheit verschafft. Floto 1l 100. 109. Giesebr. III 370. — 3) Floto II 116. Gie¬ 
sebr. III 373. 376 — 79. Für Heinrich verwandte sich, wahrscheinlich im Auftrag 
vcr Kaiserin Agnes mW der Markgräsin Mathilde, Abt Hugo voll Clngny nnd 
diese Fürsprache konnte, da Gregor VII selbst ailf beu der Kaiserin geleisteten Eid, 
ohne ihre Zustimmung im Fall von Heinrichs Tod keinen neuen König zu„wählen, 
hingewiesen hatte (Giesebr. III 373), ilicht ganz wirkungslos verhallen. Übrigens 
erhielt Hugo in Clngny eine Buße auferlegr, weil er mit dem Gebannten verkehrt 
hatte (Floto II 122. Giesebr. III 383). — 4) Die Gesetze Karls des Großen und Lud¬ 
wigs des Frommen, auf welche sich die Fürsten beriefen, bezogei: sich ans den Gerichts-, 
nicht.auf den Kirchenbann. Giesebr. III 379 f. 
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