50 Iv- Zeitraum. Die Völkerwanderung und die Um gestaltu ng re.
Kaum war das Reich im Innern beruhigt, als die Araber, die schon
auf der ganzen Nordküste von Afrika den Islam (die von Mnhamed
622 gestiftete Religion) mit Feuer und Schwert verbreitet hatten, den¬
selben auch nach Europa über die Meerstraße bei den Säulen des Her¬
kules (Straße von Gibraltar) hinübertrugen. 400,000 Mann stark waren
sie schon durch Spanien bis über die Pyrenäen vorgedrungen. Da erscholl
das Wort Gottes: Bis hierher und nicht weiter! Carl Martell bot
schleunigst den Heerbann auf und schlug wie ein eherner Hammer die
Araber bei Tours so aufs Haupt, daß 300,000 Muhamedaner das
Schlachtfeld bedeckten. Die geringen Ueberreste des Heeres flüchteten eilig
über die Pyrenäen, erlitten hier durch die christlichen Westgothen noch
arge Verluste und kehrten nie wieder zu einem Angriffe zurück. So war
Europa und die christliche Kirche im Abendlande gerettet.
Carl Martells Sohn, Pipin der Kurze, regierte kräftig das ganze
Frankenreich; Childerich aber, der eigentliche König, besaß die Würde
ohne die Gewalt, das Herrscheransehn ohne die Herrschermühe. Da sen¬
dete Pipin, der diesen Zustand nicht mehr auf die Länge der Zeit ertra¬
gen wollte, Gesandte an den Papst Zacharias, den er sich durch die gegen
die Longobarden gewährte Hülfe bereits verpflichtet hatte, und ließ fra¬
gen: Wer verdient rn Wahrheit König zu sein, der, welcher sorglos da¬
heim sitzt, oder der, welcher die Last der Regierung trägt? Zacharias
ertheilte die Antwort: „Der trage die Krone, der das Geschick und den
Muth hat, sie zu tragen." Dieses Urtheil des Papstes wurde einer zu-
sainmenberufenen Reichsversamnilung vorgelegt, von dieser als richtig
anerkannt und der letzte Merovinger Childerich des Thrones entsetzt und
in ein Kloster verwiesen. Der heilige Bonifacius aber setzte Pipin dem
Kurzen 752 die Krone aufs Haupt und salbte ihn mit dem heiligen Oele.
Die Ausbreitung des Christenthumes während dieses
Zeitraumes.
Kaum hatten nur die Völker feste Wohnsitze eingenommen, so be¬
gaben sich zu ihnen Glaubensboten (Missionäre), besonders von Rom
aus, und verkündigten ihnen mit schweren Aufopferungen und unter Le¬
bensgefahren das Evangelium, gewöhnten sie zum Ackerbau, zur Vieh¬
zucht und zum gemeinschaftlichen Leben in Dörfern und Städten und legten
so unter ihnen den Grund zu aller künftigen Bildung.
Unter allen deutschen Völkern haben die Gothen zuerst die christ¬
liche Religion angenommen. Schon auf dem Concil zu Nicäa (325) er¬
scheint ein gothischer Bischof, Theophilus, dessen Nachfolger Ulfilas die
Bibel ins Gothische, (also Deutsche) übersetzte. Die christliche Religion
wurde bald bei den West- und Ostgothen, den Burgundern und Vandalen
die herrschende. Nach der Schlacht mit den Alemannen 496 ließ sich
der Frankenkönig Chlodwig vom Bischof Remigius taufen und bewog
auch seine Umgebung und alles Volk, seinem Beispiele zu folgen.
Nachdem das Christenthum schon in früherer Zeit in Ireland feste
Wurzel geschlagen, weshalb dieses Eiland den Ehrennamen „Insel der