Full text: Geschichte des teutschen Volkes

208 
Sechster Aci träum. 
tentheils für Karl, den Sprössling teutschen Blutes. Auch un¬ 
terließ dieser nicht, die einzelnen Wahlherrn in sein Interesse 
zu ziehen. Der Papst hatte Besorgnisse, daß ihm Gefahr drohe, 
falls Neapel in den Händen eines teutschen Kaisers wäre, und 
hatte deshalb gern auf Heinrich von England hingelenkt. 
So standen die Sachen, als die Kurfürsten — Böhmen 
durch einen Bevollmächtigten — in Frankfurt zur Königswahl 
Ich versammelten (I. 1519 Junj). Kein fremder Gesandter 
durfte in der Stadt zugegen sepn. In der Versammlung sprach 
der Kurfürst von Mainz mit Nachdruck für Karl; der von 
Trier aver machte Alles wieder rückgängig durch seinen Eifer 
für den König von Frankreich, ohne diesem jedoch den Beifall 
der Stände zu gewinnen. Letztere glaubten daher am klügsten 
aus ihrer eignen Mitte zu wählen'und sielen auf Friedrich von 
Sachsen. Friedrich aber war großmüthig oder weise genug, 
das Anerbieten abzulehnen und statt deß ebenfalls dem Könige 
von Spanien das Wort zu reden. Darüber entschied man sich 
dann für letzteren, und auch der päpstliche Legat ließ nunmehr 
im Namen seines -Herrn bemerklich machen, daß man sich we¬ 
gen dessen Bedenklichkeiten in Betreff Neapels nicht mehr ab¬ 
halten lassen möge. So wurde Karl einstimmig zum römischen 
Könige erwählt. - - 
Karls Gesandten hielten sich zu Höchst am Maine auf. 
Sie hatten die Vollmacht, etwaige Wahlbedingungcn — eine 
Wahlkapitulation — im Namen ihres Herrn abzuschließen. 
Diese bestanden hauptsächlich in folgenden Punkten: Der Kai¬ 
ser solle die goldene Bulle und andere Reichsgesetze nicht be¬ 
schränken, in Reichssachen mit Auswärtigen keinen eigenmäch¬ 
tigen Vertrag schließen, mit benachbarten Reichen Friede und 
Freundschaft unterhalten, ohne Zustimmung der Stände keinen 
Krieg führen, dagegen im Falle eines Angriffs alle Vertheidi- 
gungsmittel anwenden; er solle ferner die Kurfürsten an einer 
freiwilligen Berathung über öffentliche Angelegenheiten nicht 
hindern, die Stände ohne Mitberathung der Fürsten nicht mit 
vielen Reichstagen oder Steuern beschweren, sodann — ohne 
Nachtheil der beiden Neichsvikarien — während seiner Abwe¬ 
senheit ein aus Teutschen bestehendes Reichsregiment ernennen, 
alle Bündnisse des Adels, wie der Unterthanen, gegen die 
Fürsten verbieten, Jeglichem zu etwa entzogenen Rechten wieder 
verhelfen, für die öffentlichen Geschäfte nur teutsche Männer 
von Adel bestellen, keine fremde Truppen ohne Bewilligung der 
Stände ins Reich führen, in öffentlichen Schriften und Ge¬ 
schäften nur die lateinische oder teutsche Sprache dulden, in 
Betreff der Stellung zum Papste Beeinträchtigungen^ der Kon¬ 
kordate und Freiheiten teutscher Nation verhüten, überall in 
gesetzlicher Weise, ohne Eigenmacht verfahren, Niemand ohne
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.