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Sechster Aci träum.
tentheils für Karl, den Sprössling teutschen Blutes. Auch un¬
terließ dieser nicht, die einzelnen Wahlherrn in sein Interesse
zu ziehen. Der Papst hatte Besorgnisse, daß ihm Gefahr drohe,
falls Neapel in den Händen eines teutschen Kaisers wäre, und
hatte deshalb gern auf Heinrich von England hingelenkt.
So standen die Sachen, als die Kurfürsten — Böhmen
durch einen Bevollmächtigten — in Frankfurt zur Königswahl
Ich versammelten (I. 1519 Junj). Kein fremder Gesandter
durfte in der Stadt zugegen sepn. In der Versammlung sprach
der Kurfürst von Mainz mit Nachdruck für Karl; der von
Trier aver machte Alles wieder rückgängig durch seinen Eifer
für den König von Frankreich, ohne diesem jedoch den Beifall
der Stände zu gewinnen. Letztere glaubten daher am klügsten
aus ihrer eignen Mitte zu wählen'und sielen auf Friedrich von
Sachsen. Friedrich aber war großmüthig oder weise genug,
das Anerbieten abzulehnen und statt deß ebenfalls dem Könige
von Spanien das Wort zu reden. Darüber entschied man sich
dann für letzteren, und auch der päpstliche Legat ließ nunmehr
im Namen seines -Herrn bemerklich machen, daß man sich we¬
gen dessen Bedenklichkeiten in Betreff Neapels nicht mehr ab¬
halten lassen möge. So wurde Karl einstimmig zum römischen
Könige erwählt. - -
Karls Gesandten hielten sich zu Höchst am Maine auf.
Sie hatten die Vollmacht, etwaige Wahlbedingungcn — eine
Wahlkapitulation — im Namen ihres Herrn abzuschließen.
Diese bestanden hauptsächlich in folgenden Punkten: Der Kai¬
ser solle die goldene Bulle und andere Reichsgesetze nicht be¬
schränken, in Reichssachen mit Auswärtigen keinen eigenmäch¬
tigen Vertrag schließen, mit benachbarten Reichen Friede und
Freundschaft unterhalten, ohne Zustimmung der Stände keinen
Krieg führen, dagegen im Falle eines Angriffs alle Vertheidi-
gungsmittel anwenden; er solle ferner die Kurfürsten an einer
freiwilligen Berathung über öffentliche Angelegenheiten nicht
hindern, die Stände ohne Mitberathung der Fürsten nicht mit
vielen Reichstagen oder Steuern beschweren, sodann — ohne
Nachtheil der beiden Neichsvikarien — während seiner Abwe¬
senheit ein aus Teutschen bestehendes Reichsregiment ernennen,
alle Bündnisse des Adels, wie der Unterthanen, gegen die
Fürsten verbieten, Jeglichem zu etwa entzogenen Rechten wieder
verhelfen, für die öffentlichen Geschäfte nur teutsche Männer
von Adel bestellen, keine fremde Truppen ohne Bewilligung der
Stände ins Reich führen, in öffentlichen Schriften und Ge¬
schäften nur die lateinische oder teutsche Sprache dulden, in
Betreff der Stellung zum Papste Beeinträchtigungen^ der Kon¬
kordate und Freiheiten teutscher Nation verhüten, überall in
gesetzlicher Weise, ohne Eigenmacht verfahren, Niemand ohne