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Achter Zeitraum.
zu gut erkannte er die Nothwendigkeit äußerer Stützen, da die
eignen, wenn auch noch so sehr gehobenen Kräfte auf die Dauer
vielleicht nicht einmal gegen Oestreich ausreichen möchten, wenn
sich der Bruch mit Maria Theresia erneuerte, wie es dem scharf¬
sichtigen Friedrich unvermeidlich schien.
So waren Teutschlands Verhältnisse, weil insgefammt vor¬
zugsweise an die der beiden Hauptmächte geknüpft, ganz und
gar auf Schrauben gestellt, und geschroben wurde so lange, bis
das Schwert wieder seine tausend Opfer fraß. Schon gleich
nach dem Dresdener Vertrage hatte Maria Theresia mit Ru߬
land und Sachsen angeknüpft, und zwar, wie es hieß, zur Ge¬
währleistung des Friedens; nach einem geheimen Artikel aber
wollte man sich, im Falle eines Angriffs von Preußen
aufOestreich, Rußland oder Polen, mit 60,000 Mann
gegenseitig beistehen und auch das an Preußen abgetretene Land
wieder erobern. Friedrich hatte sich durch Bestechung eines
sächsischen Beamten davon bereits Kunde verschafft, als der
Aachener Friede die Kaiserin Königin zur abermaligen Verzicht-
lcistung auf Schlesien verband. Der König that, als sey er
jetzt ganz befriedigt, bereitete dennoch aber im Stillen die Mittel
zum etwaigen Kampfe. Theresia blieb nicht zurück. In den
neuen Verbindungen, welche geschlossen wurden, kündigte sich
zunächst der bevorstehende Bruch an. England hatte sich beim
Friedensschlüsse der Interessen Oestreichs zu wenig angenommen,
und die darüber entstandene Kälte zwischen beiden Höfen führte
bald zur völligen Trennung. Dagegen berechnete Kaunitz die
großen Vortheile, wenn Frankreich, der ewige Erbfeind des
Reiches, nunmehr für Oestreich gewonnen würde, und was eine
Unmöglichkeit schien, wurde am Ende durch Ludwigs 15. Maî¬
tresse, die vielvermögende Pompadour, zu Stande gebracht.
Frankreich schloß ein förmliches Bündniß mit Oestreich, und die
Welt erstaunte, als dieser Plan fertig war. Indcß gelang er
nicht bloß durch Ludwigs 15. Schwachsinnigkeit, sondern mehr
noch durch die Verhältnisse, worin derselbe unterdeß zu England
gerathen war. Beide Mächte stritten in Amerika um die Gren¬
zen von Neuschottland, und Großbritannien mußte sich zur
Sicherstellung seiner teutschen Lande nach einem Bundesgenos¬
sen umsehen, zumal da die Annäherung der Höfe von Ver¬
sailles und Wien kein Geheimniß mehr geblieben war. Den¬
selben Plan hatte Friedrich 2. in seiner jetzigen Stellung und
beide trafen sich daher auf halbem Wege. Am 16. Jan. deS
I. 1756 wurde demnach zu Westmünster ein Vertrag geschlos¬
sen, worin sich beide Mächte verpflichteten, für die Erhaltung
des Friedens in Teutschland und zur Verhinderung des Ein¬
oder Durchmarsches fremder Truppen durch die teutschen Pro¬
vinzen ihre Macht gemeinschaftlich aufzubieten. Fünf Monate