138
Sechster Zeitraum.
was^ zu erquicken, wie er sagte. Vierzigjähriger Wein floß dabei in
Strömen, und der Speisen waren so viele, daß der Rest täglich in die
Tiber geworfen wurde.
Ganz unerwartet legte er schon nach 2 Jahren leine Dictatur nie¬
der, und ließ wieder Consuln wählen, und erbot sich feierlich, von al¬
len seinen Handlungen Rechenschaft abzulegen. Aber keiner trat gegen
den Fürchterlichen auf, der ja bei Todesstrafe verboten hatte, den Na¬
men Marius öffentlich zu nennen. Er zog sich auf sein Landgut bei
Puteoli zurück, wo im folgenden Jahre eine scheußliche Krankheit ihn
aufrieb. Sein ganzer Körper ging lebendig schon in Fäulniß über,
und erzeugte in den Beulen zahllose unvertilgbare Läuse, die ihn pei¬
nigten, bis er jämmerlich den Geist aufgab. Seine vermoderte Leiche
wurde nach Rom gebracht, und nach einem prächtigen Trauerzuge, an
welchen sich aus Furcht vor den 10,000 Corneliern alle Stände an¬
schlossen, auf dem Marsfelde feierlich verbrannt.
Sulla ist eine merkwürdige Erscheinung in der Weltgeschichte. Er
war der Wollust ergeben, aber er entriß sich ihr, wenn es seinen Ruhm
galt, den er mehr liebte, als das Vergnügen, und im Taumel verlor
er nie die Gewalt über sich selbst. Von sich sprach er bescheiden, An¬
dere lobte er gern bis zur Uebertreibung. Er trank gern einen Becher
mit den gemeinen Soldaten, und neckte sie dabei und nahm auch das¬
selbe fröhlich von ihnen an. In den Geschäftsstunden war er ernst,
thätig, wachsam, strenge, ein großer Krieger, ein großer Staatsmann,
fürchterlich in seinen Drohungen, aber auch treu in seinen Verheißun¬
gen. Zorn kannte er nicht, aber auch kein Mitleid. Dem Ansehen der
Gesetze opferte er alles auf, selbst seine Freunde, doch er selbst befolgte
diese Gesetze nicht. Er zwang seine Mitbürger, besser zu seyn, als er
selbst war. Mit einem Worte: Sulla war außerordentlich in seinen
vielen Lastern und in seinen wenigen Tugenden. Man kann ihn nicht
genug loben und ihn nicht genug tadeln. Sterbend machte er sich
selbst die Grabschrift, worin es hieß, daß Keiner seinen Freunden so
viel Gutes und seinen Feinden so viel Böses gethan habe, als er.
§. 112.
Sertorius und Spartacus.
Nach Sulla's Tode war Sertorius das Haupt der Marianer in
Spanien. Sertorius, aus Nursia in Picenum, focht jung gegen
die Cimbern in Spanien, und im Bundesgenossenkriege verlor er ein
Auge. An den Reibungen zwischen Sulla und Marius nahm er kei¬
nen Theil, als aber Sulla bewirkte, daß er das gesuchte Consulat
nicht erhielt, ging er zur Partei des Marius über, und war einer der
Generale, als Marius zum letzten Male siegreich mit Cinna in Rom
einzog. Deswegen kam er, als nachher Sulla triumphirte, auf die
Proscriptionsliste, aber er machte sich nichts daraus, denn er war kurz
vorher als Prätor nach Spanien gegangen. Hier erwarb er sich die
Liebe der Völkerschaften, rüstete sich gegen Sulla — er mußte wohl.