Full text: Weltgeschichte für die katholische Jugend

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Sechster Zeitraum. 
was^ zu erquicken, wie er sagte. Vierzigjähriger Wein floß dabei in 
Strömen, und der Speisen waren so viele, daß der Rest täglich in die 
Tiber geworfen wurde. 
Ganz unerwartet legte er schon nach 2 Jahren leine Dictatur nie¬ 
der, und ließ wieder Consuln wählen, und erbot sich feierlich, von al¬ 
len seinen Handlungen Rechenschaft abzulegen. Aber keiner trat gegen 
den Fürchterlichen auf, der ja bei Todesstrafe verboten hatte, den Na¬ 
men Marius öffentlich zu nennen. Er zog sich auf sein Landgut bei 
Puteoli zurück, wo im folgenden Jahre eine scheußliche Krankheit ihn 
aufrieb. Sein ganzer Körper ging lebendig schon in Fäulniß über, 
und erzeugte in den Beulen zahllose unvertilgbare Läuse, die ihn pei¬ 
nigten, bis er jämmerlich den Geist aufgab. Seine vermoderte Leiche 
wurde nach Rom gebracht, und nach einem prächtigen Trauerzuge, an 
welchen sich aus Furcht vor den 10,000 Corneliern alle Stände an¬ 
schlossen, auf dem Marsfelde feierlich verbrannt. 
Sulla ist eine merkwürdige Erscheinung in der Weltgeschichte. Er 
war der Wollust ergeben, aber er entriß sich ihr, wenn es seinen Ruhm 
galt, den er mehr liebte, als das Vergnügen, und im Taumel verlor 
er nie die Gewalt über sich selbst. Von sich sprach er bescheiden, An¬ 
dere lobte er gern bis zur Uebertreibung. Er trank gern einen Becher 
mit den gemeinen Soldaten, und neckte sie dabei und nahm auch das¬ 
selbe fröhlich von ihnen an. In den Geschäftsstunden war er ernst, 
thätig, wachsam, strenge, ein großer Krieger, ein großer Staatsmann, 
fürchterlich in seinen Drohungen, aber auch treu in seinen Verheißun¬ 
gen. Zorn kannte er nicht, aber auch kein Mitleid. Dem Ansehen der 
Gesetze opferte er alles auf, selbst seine Freunde, doch er selbst befolgte 
diese Gesetze nicht. Er zwang seine Mitbürger, besser zu seyn, als er 
selbst war. Mit einem Worte: Sulla war außerordentlich in seinen 
vielen Lastern und in seinen wenigen Tugenden. Man kann ihn nicht 
genug loben und ihn nicht genug tadeln. Sterbend machte er sich 
selbst die Grabschrift, worin es hieß, daß Keiner seinen Freunden so 
viel Gutes und seinen Feinden so viel Böses gethan habe, als er. 
§. 112. 
Sertorius und Spartacus. 
Nach Sulla's Tode war Sertorius das Haupt der Marianer in 
Spanien. Sertorius, aus Nursia in Picenum, focht jung gegen 
die Cimbern in Spanien, und im Bundesgenossenkriege verlor er ein 
Auge. An den Reibungen zwischen Sulla und Marius nahm er kei¬ 
nen Theil, als aber Sulla bewirkte, daß er das gesuchte Consulat 
nicht erhielt, ging er zur Partei des Marius über, und war einer der 
Generale, als Marius zum letzten Male siegreich mit Cinna in Rom 
einzog. Deswegen kam er, als nachher Sulla triumphirte, auf die 
Proscriptionsliste, aber er machte sich nichts daraus, denn er war kurz 
vorher als Prätor nach Spanien gegangen. Hier erwarb er sich die 
Liebe der Völkerschaften, rüstete sich gegen Sulla — er mußte wohl.
	        
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