Full text: Weltgeschichte für die katholische Jugend

Die Karolinger. 
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§• 29. 
Steigende Macht der Päbste. 
An den Höfen der Karolinger hielten sich immer viele Bischöfe 
auf, und dienten den schwachen Königen als Räthe, denn sie waren 
die Einzigen, welche noch etwas Wissenschaft besaßen. Viele der un¬ 
teren Geistlichen konnten nur lesen, nicht schreiben, Kaiser und Könige 
konnten weder lesen noch schreiben. Noch unwissender war das Volk, 
selbst die Klosterschulen konnten wenig besucht werden, denn wer nur 
aus dem Hause ging, lief Gefahr, von den überall lauernden Rittern 
ausgeplündert, gefangen und ermordet zu werden. Weil damals die 
geistlichen Aemter so große Einkünfte hatten, drängte sich Mancher in 
den geistlichen Stand ohne Beruf, und wurde ein Schwelger, ein 
Stein des Anstoßes für das Volk. Sogar eine Reihe von etwa 20 
höchst unwürdigen Pabsten finden wir im lOlen und Ilten Jahrhun¬ 
dert, die von den übermüthigen Herzogen und Grafen und deren nichts¬ 
würdigen Weibern eingesetzt wurden. Da gab es keine ordentliche 
Pabstwahlen, sondern schlechte Menschen, unbärtige Knaben sogar be¬ 
stiegen den h. Stuhl Petri. Das Christenthum schien in der Unwis¬ 
senheit und den Grauelchaten des Mittelalters ersterben zu wollen, 
aber auch diesen Kampf hat die h. Kirche Christi siegreich bestanden, 
sie ist nicht zu Grunde gegangen. 
Am meisten eiferten für die Reinheit der Sitten noch die Pro- 
vinzialconcilien, die aus den Bischafen eines ganzen Landes be¬ 
standen, und sehr oft zusammen traten. Auf diesen waren immer noch 
wackere Bischöfe genug, welche laut ihre Stimme erhoben, daß andere 
Bischöfe an den Höfen lägen, unwürdig lebten, und ihre Kirchen ver¬ 
kommen ließen. Diese Bischöfe appellirten an den Pabst, ihm konn¬ 
ten sie bei der weiten Entfernung ihr Thun leichter vertuschen, und es 
erschienen 80 Decretalcn, Briefe angeblich von den ersten Päbsten 
nach Petrus an allerlei Bischöfe der Christenheit, aus denen sich erge¬ 
ben sollte, daß nicht die Provinzialconcilien, sondern der Pabst selbst 
die Bischöfe in solchen Provinzialangelegenheiten gerichtet habe. Ein 
spanischer Bischof Isidor soll die Decretalen geschmiedet haben, aber 
es Jiel damals Niemand ein, sie für unächt zu halten , und die Bi¬ 
schöfe fußten auf sie, wenn sie mit dem Provinzialconcilium in Verle¬ 
genheit geriethen. So gaben die Bischöfe selbst dem Pabste eine Aus¬ 
dehnung seiner geistlichen Macht, da der Pabst sonst nur die oberste 
Leitung solcher Geschäfte hat, welche die ganze Kirche zur Erhaltung 
ihrer Einheit betreffen. 
Von den weltlichen Fürsten bekamen die Päbste in dieser Zeit 
eine große weltliche Macht. Dem Pabste Zacharias hatten die Fran¬ 
ken die Entscheidung überlassen, daß Pipin der Kleine ihr König seyn 
solle. Karl der Große war zum Kaiser ausgerufen und gekrönt durch 
den Pabst. Ludwig der Fromme und Lothar wurden Kaiser durch 
des Pabstes Krönung. Als Ludwig der Fromme sein Reich theilte, 
sendete er die Acte an den Pabst zur Bestätigung. Was die Könige 
den Päbsten eckt zugestanden, das forderten diese nachher als ein er-
	        
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