Full text: Weltgeschichte für die katholische Jugend

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Zweiter Zeitrau m. 
Leider erschienen um diese Zeit auch zahllose Schriften gegen die 
Religion, und verbreiteten in England den Unglauben. Englands 
Unglaube^ steckte Frankreich an, Frankreichs Unglaube Deutschland und 
andere Lander, und das 18te Jahrhundert, welches sich das philo¬ 
sophische nannte, muß richtiger das ungläubige heißen. 
VH. Fortsetzung der Geschichte Frankreichs. 
§. 95. 
König Ludwig XV. 
Nach dem spanischen Erbfolgekriege lasteten 900 Millionen Tha- 
ler Schulden auf Frankreich, Handel und Ackerbau lagen darnieder. 
Ludwig XIV. lebte immer noch, aber der Tod würgte in seiner Fa¬ 
milie: 1711 starb der Dauphin Ludwig, 40 Jahre alt — dessen 
Sohn, der Herzog von Bourgogne, Fenelon's Zögling, sank 10 Mo¬ 
nate spater ins Grab — seine Gemahlin» folgte ihm schon nach 6 
Tagen — der Herzog von Bretagne, ältester Sohn des Herzogs von 
Bourgogne, war nun Thronerbe, aber auch er starb in demselben 
Jahre (1712), und sein Bruder Ludwig war Kronerbe, ein Kind von 
2 Jahren. 
Diese vielen Todesfälle zerknirschten den alten Herrscher, daß er 
sich ganz zur Andacht hinneigte. Auf seinem Sterbebette empfing er 
noch zur Erbauung des Hofes die h. Sacramente, und sagte zur Frau 
v. Maintenon, das Scheiden von der Welt sey nicht schwer. Er ver¬ 
schied den 1. Septemb. 17 l 5. Als man seine Leiche nach St. Denis 
fuhr, verfolgte der Pöbel sie mit solchem Muthwillen, daß man Ne¬ 
benwege einschlagen mußte. 
Sein Urenkel und Thronfolger Ludwig XV. war damals 5 
Jahr alt, und die vormundschaftliche Negierung riß Philipp v. Or¬ 
leans an sich, weil er des verstorbenen Königs Bruderssohn war. 
Von seinem schändlichen Lebenswandel und seinen Betrügereien gegen 
Frankreich will ich lieber ganz schweigen. 
Im I. 1723 trat Ludwig XV. die Regierung selbst'an. Die 
Franzosen hofften viel Gutes von ihm, denn der Bischof Fleury, 
sein Jugendlehrer, auch bald nachher Cardinal, wurde sein erster Mi¬ 
nister, als Orleans an den Folgen seiner Laster starb. Ludwig hei- 
rathete Maria, Stanislaus Lesczinsky's ^Tochter, eine edle Dame, 
und lebte Jahre lang glücklich in seinem häuslichen Zirkel. Im Sep¬ 
tember 1729 wurde ein Dauphin geboren.^ Aber bald mißbrauchten 
Verführer 'des jungen Königs Willensschwäche, verleiteten ihn zum 
Lasterleben in Gesellschaft böser Männer und Weiber, welche mit ihm 
ganze Nächte durchschwelgten. Auf solche Nächte folgten dann immer 
düstere Tage, am Ende konnte Ludwig kaum mehr etwas denken, die 
Jagd mußte seine Lebensgeister wieder wecken. Bei schlechtem Wetter 
drechselte er, oder kochte in der Küche. Bei allen Schandthaten war
	        
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