Full text: Weltgeschichte für die katholische Jugend

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Fünfter Zeitraum. 
ersetzen und hetzte Athen zur Fortsetzung des Krieges auf. Da er¬ 
oberten die Spartaner Platäa, welches in der Noth ihnen die Tho- 
re öffnete, unter der Bedingung, daß nur die Schuldigen bestraft wer¬ 
den sollten: die Spartaner machten aber alle Platäer nieder und lie¬ 
ßen ihre Stadt durch die Thebaner zerstören. Weit edler handelten die 
Athener gegen die Stadt Mitylene auf Lesbos, die ihnen untreu ge¬ 
worden war und die sie auf Gnade und Ungnade wieder genommen 
hatten. Der Gerber Cleon setzte in der ersten Wuth der Athener einen 
Volksbeschluß durch, daß alle Bürger von Mitylene hingerichtet, alle 
Weiber und Kinder in die Sclaverei verkauft werden sollten. Aber 
nach 24 Stunden that diese Harte den Athenern herzlich leid, auf 
Vorstellung des menschlicheren Redners Diodotus widerriefen sie 
den abscheulichen Beschluß und in dem Augenblicke, als das Beil 
über den Verurtheilten schon gezuckt war, kam auf einem Schnell- 
schiffe die Gnadenbotschaft an, noch eben früh genug. 
So ging es im peloponnesischen Kriege. Nach 9 Jahren waren 
Athen und Sparta erschöpft, und da eben die heftigsten Freunde des 
Krieges starben, Brasidas, ein junger Held zu Sparta, und der 
Schreier Cleon zu Athen, so machte man Frieden, den man den 
Frieden des Nicias nennt, weil dieser weise athenische Redner ihn 
vermittelte. Aber weder Athen noch Sparta war der Friede ernstlich 
bedacht, denn keiner von beiden Staaten gab die eroberten Städte 
heraus, wie bedungen war. 
§. 76. 
Alcibiades. 
Dieser Athener spielte seine Nolle in der zweiten Halste des pelo¬ 
ponnesischen Krieges. Er war von reichen Eltern, die aber früh star¬ 
ben und wurde im Hause seines Vormundes Perikles erzogen, der 
sich aber wenig um ihn kümmern konnte. So wurde Alcibiades, ob¬ 
gleich talentreich, bei all seiner Schönheit, Starke, Gesundheit und 
äußerer Anständigkeit ein Ausbund aller Laster. Schon als Knabe, 
als er auf der Straße mit Würfeln spielte und ein heranfahrender 
Fuhrmann ihm aufzustehen gebot, warf er sich quer vor die Pferde 
und rief: Wage einmal, voran zu fahren! vollendete ruhig sein Spiel 
und stand dann gemächlich auf. 
Als Jüngling machte er ganz Athen reden von seinen tollen und 
schlechten Streichen und da er in den Volksversammlungen aufzutreten 
ansing, schritt er in einem purpurnen Schleppkleide einher, führte im 
Felde einen goldenen Schild und gab auf seine Kosten öffentliche 
Schauspiele. Als ein gewisser Laureas es ihm in dieser Pracht 
glcich thun wollte, verdiente er sich damit einige Ohrfeigen von ihm, 
mit welchen Alcibiades selbst öffentlich sehr freigebig war, und wegen 
seiner Stärke wagte Niemand, an ihm die Vergeltung zu üben. 
Bald war er der mächtigste Redner in der Volksversammlung, 
wie früher Perikles, und er benutzte seinen Einfluß, den peloponnesi- 
schen Krieg von neuem anzublasen. Argos, Elis und Arkadien, Staa¬ 
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