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werden mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht ans, für die wir sie hin¬
geben, für die wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen,
Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, den
wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unfern Wohlstand.
Keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollere Frieden oder einen
ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen, weil
ehrlos der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht
vertrauen. Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den
Sieg verleihen, mit ihm einen sichern, glorreichen Frieden und die Wiederkehr
einer glücklichen Zeit.
Breslau, den 17. März 1813.
Friedrich Wilhelm."
(„Der 17. März 1813." „Aufruf", von Th. Körner.) Mitten
hinein in diese erhebende, freudige Begeisterung erschollen die Lieder und
Gesänge eines Theodor Körner (der als frischer Jüngling eine geliebte
Braut verließ, um sich mit der Eisenbraut — ,, Schwertlicd" — zu ver¬
binden), eines Friedrich Rückert, Mar von Schenkendorf u. a. Am
lautesten und erhabensten tönte Ernst Moritz Arndt's Stimme (Vater¬
landslied: „Der Gott, der Eisen wachsen ließ" rc.). Wie er in den
Jahren der Schmach und Knechtschaft mit donnernder Stimme Fürsten und
Völkern in das Gewissen sprack, so begleiteten im Jahre 1813 seine Gesänge
das bewaffnete Volk zur Feldschlacht und zum Siege. Von Mund zu Mund,
so weit die deutsche Zunge klingt, gingen seine bekannten Dichtungen. Vor
allen zündete sein in Königsberg entstandenes Lied: „Was ist des Deutschen
Vaterland?" Der Frühling von 1813 war die Zeit einer glorreichen Er¬
hebung („Die hohle Weide", von Fr. Rückert).
Der Aufruf des Königs hatte in den Herzen seines Volkes den lebhaf¬
testen Wiederhall gefunden. Von allen Seiten strömten Männer und Jüng¬
linge herbei, um au dem Kampfe für das Vaterland theilzunehmen. Wer
nicht waffenfähig war, brachte Gaben auf den Altar des Vaterlandes. Es
ging ein Strom des Lebens durch das ganze Volk. Man wetteiferte in der
Liebe für die heilige Sache der Befreiung.
2. Kämpfe und Siege des Jahres 1813. Bei Großgörfchen. ^
Friedrich Wilhelm III. und Alexander I. erließen einen „Aufruf an die Deut¬
schen", in welchem sie alle deutschen Fürsten und Völker zum Kamps gegen
Napoleon aufforderten und den Rheinbund für aufgelöst erklärten. Nur der
Herzog von Mecklenburg-Strelitz sagte den Franzosen ab und trat zu den Ver¬
bündeten. Errief den Seinen zu: „Die Stunde der Befreiung ist gekommen.
Mit Gott werde ich mich der Ehre würdig zeigen, ein deutscher Fürst zu
heißen." Zu lange hatten die Verbündeten gezögert; früher als sie war Na¬
poleon mit seinen Rüstungen fertig. In wenigen Monaten schuf er ein neues
Heer von 350,000 Mann. „Ich werde diesen Krieg als General Bonaparte
und nicht als Kaiser führen," sagte er. Bei Lützen oder Großgörfchen
(2. Mai) stießen die Heere auf einander. Preußen und Russen standen unter
dem Oberbefehl des russischen General Graf Wittgenstein. Napoleon hatte
die Absicht, sein Heer in die Ebene von Leipzig zu führen; die Verbündeten
beschlossen, ihn auf diesem Wege anzugreifen. Scharnhorst hatte.einen