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Geistliche sogleich seine Frau entfernen solle, gerieth die ganze Geist¬
lichkeit in Aufruhr, und es fehlte wenig, daß der Gesandte ermordet
worden wäre. Aber das schreckte den Papst nicht ab, und er setzte
es zuletzt doch durch, daß kein verheiratheter Geistlicher sein Amt be¬
halten durfte.
Endlich ging er noch weiter, und verbot bei Strafe des Ban¬
nes den Fürsten jeden Ranges, einen Bischof oder Abt zu ernennen,
und ebenso den Geistlichen, eine solche Ernennung von einem Laien
(Nichtgeistlichen) anzunehmen. Nur allein der Papst habe das Recht
dazu. Bisher war es in Deutschland üblich gewesen, daß der König
dem neuerwählten Bischof einen Ring und einen Stab, als Zeichen
des geistlichen Amts, überreichte, und nun erst durfte dieser die geist¬
liche Weihe erhalten. Die Belehnung mit Ring und Stab nannte
man die Investitur. Diese wollte aber Gregor fernerhin dem Könige
nicht lassen. Darüber entstand ein langer Streit zwischen König und
Papst, der aber erst später durch einen Vergleich entschieden worden ist.
In den ersten Jahren hatten Gregor 7. und Heinrich in gutem
Vernehmen gestanden. Aber nach und nach war dies gespannter ge¬
worden, weil Heinrich die geistlichen Stellen willkürlich besetzte, und
da er sortfuhr, sich um Gregors Ermahnungen und Verbote nicht zu
kümmern, so ergrimmte der stolze Gregor, und schrieb einen scharfen
Brief, in welchem er bei fortgesetztem Ungehorsam mit dem Banne
drohte, und ihn ermahnt^ die gefangenen Sachsen loszugeben. Hein¬
rich empfing diesen Brief in Goslar. Er nahm ihn mit Verachtung
auf; der Legat aber, für diesen Fall schon belehrt, kündigte dem Kö¬
nige den Befehl des Papstes an, binnen 60 Tagen in Rom zu er¬
scheinen, und vor einer geistlichen Versammlung wegen der gegen ihn
erhobenen Beschuldigungen sich zu rechtfertigen; sonst würde er an
demselben Tage mit dem apostolischen Fluche excommunicirt d. i. aus
der Kirchengemeinschast gestoßen, werden (1076).
Diese Keckheit mußte wohl einen König aufbringen, dessen Va¬
ter drei Päpste abgesetzr hatte. Den Legaten jagte er mit Schimpf
weg, entbot die Bischöfe und Aebte nach Worms zu einer Synode,
und nachdem sie sich zahlreich eingefunden hatten, wurde zwei Tage
lang berathschlagt. Der Schluß lautete: Gregor habe sich selbst der
Simonie schuldig gemacht, und müsse abgesetzt werden. Eine Gesandt¬
schaft ging sogleich nach der Lombardei ab, um die dortigen Bischöfe
zum Beitritt zu jenem Beschlüsse zu bewegen. Sie erklärten sich
freudig damit einverstanden, und schickten einen muthigen Geistlichen
aus Parma mit dem Absetzungsdecret und einem heftigen Schreiben
Heinrichs nach Rom ab. Der Papst und die Römer wunderten sich
nicht wenig, daß schon so bald Botschaft von Heinrich da sey; aber
was der Gesandte eigentlich bringe, konnte Niemand von ihm heraus-
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