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besteuert, die übermässig hohe Salzsteuer und noch mehr die Seelensteuer
(s. y. S.) waren eine schwere Bedrückung gerade der Aermsten. Trotzdem ging
es nicht ohne Münzverschlechterungen ab. Andererseits wurden die Einkünfte,
bei der Einfachheit des Hofhalts und der Lebensweise Peters, von diesem
fast ganz für öffentliche Zwecke bestimmt, freilich infolge der vielen Unter¬
schlagungen nur teilweise dafür verwendet.
Vollendet wurde die Allmacht des Zaren dadurch, dass er sich
auch zum Herrn der russischen Kirche machte („Cäsaropapismus“):
die 1700 zur Erledigung gekommene Stelle des Patriarchen von Moskau wurde
nicht wieder besetzt; die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde verstaat-
' licht, und 1821 schuf Peter den „heiligen Synod“, dessen Mitglieder,
Geistliche und ein weltlicher Beisitzer, vom Zaren ernannt werden; dem
Generalprokuror unterstellt und an die Bestimmungen des von Peter aufge¬
stellten „geistlichen Reglements“ gebunden, wurde der Synod das
Organ, durch welches der Zar auch die geistliche Leitung
der russischen Kirche aus übt. In religiöser Beziehung war Peter
gegen die Kulte Andersgläubiger duldsam, soweit keine politischen Rück¬
sichten in Frage kamen , aber auf den Abfall Einheimischer von der ortho¬
doxen Kirche setzte er Todesstrafe; Juden und jüdischen Kult duldete
er nicht.
Peters Ausgang und nächste Nachfolger. Auch in Asien wies
Peter der russischen Politik ihre künftigen Wege durch die
Eroberung der südlichen und südöstlichen Küstengebiete des Kaspischen Meeres
(1722—23), die allerdings 1732 an Persien zurückgegeben wurden, während
die durch den Teilungsvertrag von 1724 der Türkei zugewiesenen Gebiete 1734
von den Persern unter Nadir Schah zurückerobert wurden. Er starb am
28. Januar 1725 an den Folgen einer Erkältung, die er sich bei der Rettung
einiger Soldaten vor der Gefahr des Ertrinkens zugezogen hatte. Von seinen
Söhnen war der aus erster Ehe, Alexei, wegen seiner altrussischen Gesinnung mit
Peter zerfallen, von diesem wegen Hochverrats in Untersuchung gezogen worden
und, nach wiederholter Folterung zum Tode verurteilt, im Gefängnis gestorben
(1718). Aus der Verbindung mit der aus litauischem Geschlecht stammenden
Katharina, die, 1702 als Kriegsgefangene in das Haus Menschikows gekommen
und dann Peters (Geliebte und seit 1712) Gemahlin geworden war, überlebten
ihn nur die beiden Töchter, Anna (s. o.) und Elisabeth; der einzige Sohn
aus dieser Ehe war schon 1719 gestorben. Das Recht, seinen Nachfolger zu
ernennen, das Peter 1722 dem Zaren beigelegt hatte, konnte er selbst, vom
Tode überrascht, nicht ausüben. Es folgte ihm seine Witwe Katharina I.
(1725—1727); sie machte Menschikow, dem sie ihr Glück dankte, Peters
eifrigsten Gehilfen von hervorragender Leistungsfähigkeit, aber niedrigster Ge¬
sinnung, zum allmächtigen Minister. Dieser setzte durch, dass Katharinas Nach¬
folger der zwölfjährige Sohn des unglücklichen Alexei Peter II. (1727—30)
wurde, den er mit seiner Tochter verlobte. Aber von der altrussischen Partei
schon September 1727 gestürzt, starb Menschikow 1729 in Sibirien als
Verbannter. Die Dolgoruky setzten Rückverlegung der Residenz nach Moskau
durch, und nach Peters II. Tode wurde statt des nächstberechtigten Erb¬
herzogs Peter von Holstein-Gottorp (Enkels Peters d. Gr., s. S. 244) А n n а
Iwanowna (1730—40), die verwitwete Herzogin von Kurland (s. S. 244),
auf den Thron erhoben, nach Unterzeichnung einer die Macht der Krone zu
Gunsten des Adels beschränkenden Wahlkapitulation; aber nach ihrer Ankunft
in Moskau machte sie sich sofort zur unumschränkten Herrscherin und ver¬
legte dann die Residenz wieder nach Petersburg; die Regierung iiberliess sie
ihrem Günstling Freiherrn von Biron (eig. v. Bühren), den sie 1737 nach dem Tod
ihres Schwagers Ferdinand, des letzten aus dem Haus Ketteier (s. S. 133), zum
Herzog von Kurland machte: ihm standen zwei andere Deutsche zur Seite,