25
Herzog Odilo wurde von seinen Schwägern,
den fränkischen Machthabern in weniger als Jah¬
resfrist wieder frey gegeben, und von neuem in seine
Fürstenwürde eingesetzt, er genoß jedoch dieses Glü¬
ckes nur noch kurze Zeit, starb im I. 746 und hin¬
terließ einen sechsjährigen Sohn, Thassilo II. Die¬
sen, als die Franken bey Gelegenheit der neuen Un¬
ruhen, welche Grifo erregt hatte, in's Land kamen,
nahm sein Oheim Pipin mit sich und ließ ihn, nach¬
dem auch die Mutter Chiltrudis bald nachher gestor¬
ben war, mit seinen Söhnen erziehen. Eine solche
Vorsorge für den vater- und mutterlosen Waisen
wäre löblich gewesen, hätte nicht Pipin, der sich
indeß zur Königswürde im Frankenreich erhoben,
seine Pflichten als Pflegevater durch andere Züge der
Herrschsucht befleckt, indem er im I. 757 den noch
unmündigen (15 jährigen) Neffen durch den Lehens¬
eid, welchen er ihm abnöthigte, seiner selbstständigen,
angebornen Herrscherrechte beraubte und ihn zu einem
bloßen Vasallen von Frankreich erniedrigte. Als je¬
doch sechs Jahre nachher Thassilo in der Eigen¬
schaft des Vasallen gegen den Herzog von Aquita¬
nien, den Sohn des treuen Bundesgenossen seines
Vaters, zu Felde ziehen sollte, widerstrebte dieß sei¬
nem natürlichen Gefühle so sehr, daß er den fränki¬
schen Hof und Heeresdienst verließ und in sein Va¬
terland Bayern zurück kehrte. Freudig wurde er hier
von dem ganzen Volke empfangen; auf dem Land¬
tag zu Aschheim (bey München) trat er die Regie¬
rung an. Seiner neuen Würde entsprach er auf
löbliche Weise, sowohl in Werken des Krieges als
des Friedens. Die Slaven, jene lästigen Nachbarn
der bayrischen Gränzen, vertrieb er aus Kärnthen,