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krämer*) und Tauschhändler, die aus dem Reiche ins Gebirge kamen, wollte auch
nur einen Heller für solche Steine geben, wie sie von den Venedigern gesucht
wurden. Die Fremden mußten daher im Besitze eines Zaubers sein, der den
Steinen Wert verlieh, oder die Steine zu einem Zauber brauchen, der reich
machte, und so kam es, daß sich um die Venediger ein Sagennetz spann, das um
so dichter wurde, je vereinzelter sie wiederkehrten, bis zuletzt, als sie gänzlich
ausblieben, nur noch das Märchen von ihnen zu erzählen wußte. In dem
Märchen nun heißt es, daß die Venediger Zaubermäntel besaßen, auf denen sie
mit ihren erbeuteten Schätzen durch die Luft zogen, daß sie die Geheimnisse der
Wünschelrute auf das genaueste kannten und im Besitze der von den Alchymisten
so lange vergeblich gesuchten Tinktur gewesen seien, von der einige wenige Tropfen
genügten, um unedle Metalle in blinkendes Gold zu verwandeln. Dem Teufel
aber waren sie samt und sonders verfallen; der drehte ihnen zum Schluß regel¬
recht den Hals um, und deshalb wurden ihrer immer weniger, bis keiner mehr
dem Bösen sein ewig Teil für zeitlichen Gewinn verkaufen mochte. Dennoch ging
alles mit rechten Dingen zu. Die Venediger blieben aus, als die von ihnen
besuchten Gegenden arm an Ausbeute geworden waren, und der Zauber, den sie
besaßen, bestand in technischen Handgriffen und Vorteilen, die, von alters her ihnen
überliefert, von Vater auf Sohn vererbt, als Fabrikgeheimnisse keinem Fremden
mitgeteilt wurden. Der Stein, den sie sammelten, war gewöhnlicher unscheinbarer
Achat, den sie jedoch mit ihrer Kunst in kostbaren Onyx und Sardonyx umzu¬
wandeln verstanden.
Im rohen, unverarbeiteten Zustande bildet der Achat, dessen Name von dem
Flusse Achates auf der Insel Sizilien abgeleitet wird, kugelige oder mandelförmige
Knollen von sehr verschiedener Größe. Äußerlich sind sie gewöhnlich mit einer Schale,
von kieseliger Grünerde bekleidet, während sich im Innern der gespaltenen Knollen
regelmäßige Streifen abgelagerter Kieselsäure zeigen. Diese streifenartigen Lagen
sind oft so fein, daß ihrer ein Paar hundert auf einen Millimeter kommen
und erst unter dem Mikroskope wahrgenommen werden können; häufiger dagegen
sind die Lagen dicker und von verschiedener Färbung, wie Achatschalen oder
andere aus Achat verfertigten Gegenstände deutlich zeigen. Die Streifen, die den
Achat kennzeichnen, haben gleichzeitig verraten, auf welche Weise er entstanden ist.
Man nimmt an, daß das Gestein, in dem sich Achate befinden, aus jenen
Zeiten stammt, in denen glühende Lavaströme aus der Erde hervorquollen und
verändernd auf ihre nächste Umgebung wirkten. In den Laven entstanden Blasen
— Hohlräume —, wie dies noch heute an der Lava des Vesuvs wahrgenommen
wird, und diese wurden die Ablagerungsstätte der Achat bildenden Streifen. Die
das Gestein durchdringende Feuchtigkeit löste Kieselsäure auf, gelangte durch
kleinere oder größere Kanäle in den Hohlraum und lagerte auf seine Innen¬
wand die mitgenommene Kieselsäure ab, die dort in Streifenform zurückblieb, so
') Hausierer mit allerhand Waren.