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offene Gewalt sich die Deutschen zu unterwerfen. Er streuete
den Samen der Zwietracht unter ihnen aus und hetzte einen
Fürsten gegen den anderen auf; mehre brachte er durch äußere
Gunstbezeugungen ganz auf seine Seite. Unter seinen Nach¬
folgern ging der Cónsul Värus hierin am weitesten. Dieser
hatte sogar vor, mit aller Strenge römische Sprache und Ge¬
setze einzusühren, überhaupt Deutschland zu einer römischen
Provinz zu machen. Da aber wurde er im Teutoburger
Walde (in Westfalen bei Lippe-Detmold) von den erbitterten
Deutschen, unter Anführung des kühnen Hermann (Armi-
mus), eines Fürsten aus dem Cherüsker Volke am Harze,
umzingelt und mit seinem ganzen Heere erschlagen (9 n. Ehr.).
Augustus gerietst bei der Nachricht dieser Niederlage in die
tiefste Trauer. Tiberius ging im folgenden Jahre zwar über
den Rhein, um diese Schmach zu rächen, jedoch ohne etwas
Bedeutendes auszurichten. Deutschland war und blieb ein
freies Land.
Als Gatte und Vater war Augustus sehr unglücklich. Die
beiden hoffnungsvollen Söhne seiner mit Agrrppa vermählten
Tochter Julia starben in der Jugend dahin. Julia selbst be¬
reitete durch ihren unsittlichen Wandel dem Vater großen
Kummer. Auf Anstiften der Lima, seiner dritten Gemahlin,
ernannte Augustus seinen Stiefsohn Tiberius zum Mitregen¬
ten. Er selbst starb nicht lange nachher, im Jahre 14
n. Ehr, zu Nola und ward nach seinem Tode als ein Gott
verehrt.
Entstehung uud Ausbreitung des Christenthums. —
Das größte und segensreichste Ereigniß unter der Regierung
des Kaisers Augustus war die Geburt unseres göttlichen Er¬
lösers. Bis zu seinem dreißigsten Jahre lebte er in stiller Thä-
tigkeit und nahm zu an Weisheit und Gnade vor Gott und den
Menschen. Dann zog er drei Jahre lang in den Städten und
Flecken Palästinas umher und lehrte und wirkte Wunder, wo
und wann es das menschliche Bedürfniß erforderte, bis die Zeit
gekommen war, in welcher er nach dem Rathschlusse der ewigen
Erbarmung Gottes das Werk der Erlösung der Menschen durch