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der Jagd; den Ackerbau dagegen überließen sie ganz den Sklaven,
die sie mit großer Härte behandelten. Überhaupt blieben die
Spartaner rauh in ihren Sitten: edlere Geistesbildung ver¬
schmähten sie, um Kunst und Wissenschaft kümmerten sie sich gar
nicht. Ihr ganzes Leben war nur ein Leben für den Krieg,
Krieg ihre höchste Freude. Darum zogen sie in die Schlacht,
wie zu einem Feste, geschmückt mit purpurfarbenen Gewändern,
mit Kränzen im Haar, unter Gesang und Flötenspiel. Der Tod
im Kampfe galt für die höchste Ehre. Die Gefallenen wurden
mit Lorbeer bekränzt bestattet, die Feigen und Flüchtlinge traf
Schimpf und Schande fürs ganze Leben. Daher wollten selbst
spartanische Mütter ihre Söhne lieber in der Schlacht getötet
wissen, denn als Flüchtlinge wiederkehren sehen. Als einst eine
Spartanerin hörte, ihr Sohn sei ehrenvoll gefallen, rief sie fröh¬
lich : „Nun, dazu habe ich ihn ja geboren und aufgezogen, daß
er für das Vaterland zu sterben wüßte". Ein solches Krieger¬
volk war wohl imstande, sein Vaterland gegen jeden Feind zu
schützen; darum verordnete denn auch Lykurgus, daß die Stadt
ohne Mauern bleiben sollte, denn, sagte er, die Tapferkeit der
Bürger soll unsere Mauer sein.
8. Lykurgs En de. — Als Lykurgus seine Gesetzgebung
vollendet hatte, reiste er nach Delphi, um das Orakel zu be¬
fragen, ob vielleicht an den Gesetzen noch etwas zu ändern sei.
Zuvor aber ließ er seine Mitbürger schwören, die Gesetze bis zu
seiner Rückkehr zu halten. Das Orakel antwortete, Sparta werde
groß und herrlich sein, so lange es den Gesetzen des Lykurgus
treu bliebe. Diesen Ausspruch sandte Lykurgus schriftlich nach
Hanse; denn er selbst wollte nie wieder in seine Vaterstadt
zurückkehren, damit die Spartaner auf immer durch ihren Eid
gebunden seien. So starb er im Auslande. Vor seinem Tode
aber befahl er, seine Asche ins Meer zu streuen, um zu ver¬
hindern, daß seine Gebeine nach Sparta gebracht würden und
nun das Volk glauben könnte, von seinem Eide gelöst zu sein.
Und wirklich hielten die Spartaner Jahrhunderte lang fest an den
Einrichtungen, die ihnen Lykurgus gegeben hatte.