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Deutschland unter Lothar III. von Sachsen.
Erzbischof von Mainz. welcher die Stimmen der Fürsten, die
er in einem Rundschreibeir zur Wahl eines Königs aufgefor-
dert, von dem keine Unterdrückung der Kirche zu befürchten sei,
auf den Herzog Lothar zu lenken wußte. Lothar nahm dafür
bei der Wahlkapitulation die von der Kirche aufgestellte Be-
dingung an, daß die Bischöfe und Aebte, deren Wahl durch¬
aus frei sein sollte, erst nach der Weihe vom Könige durch
das Scepter mit den Regalien belehnt würden, und diese so-
gar ferner nicht mehr den Lehnseid, sondern nur den Eio der
Treue leisteten, welcher überdies dem Zwecke ihres Standes
nicht entgegenstehen dürfe. Hierdurch hatte Lothar einerseits
das Wormser Concordat, andererseits aber auch den Geistlichen
gegenüber, welche er mit ihren Gütern aus dem Reichsver-
bande entließ , das Prinzip des Kaiserthums aufgegeben. Er
wurde nun von geistlichen unb weltlichen Fürsten als König
anerkannt. Zwar empfing er zuletzt auch von dem Staufen
Friedrich den Eid der Treue, doch forderte er, um die Macht
Ein neun- der Staufen, die sich nur ungern ihm fügte, zu brechen, die
jähr. KampfZurückerstattung der aus dem Erbe Heinrichs V. erhaltenen
gegen die Reichsgüter. Als jener die Herausgabe verweigerte, rüstete Lö¬
blich ohne Zum Kampf und zog durch Güterverleihungen und weitere
Erfolg. Versprechungen den Herzog von Zähringen sowie den Herzog
Heinrich den Stolzen von Baiern aus dem mächtigen Hause
Welf, dem er seine einzig» Tochter vermählte, auf seine Seite.
Da jedoch die Staufen nicht atis dem Besitz der Reichsgüter
verdrängt werden konnten und Conrad sogar in Italien, wo
er Herzog von Tuscien war, als König gegen Lothar auftrat,
so übertrug dieser dem Herzoge von Baiern die Reichsverwe¬
sung und die Fortführung des Krieges gegen die Staufen in
Deutschland und zog. selbst im Jahre 1132 nach Italien. Es
waren aber insbesondere noch drei Umstände, welche den Lo¬
thar bewogen, nach Italien zu ziehen. In Rom war durch
die Wahl zweier Päbste (Anaklet 11. und Jnnocenz 11.) ein
Schisma hervorgerufen; Jnnocenz aus Italien vertrieben, außer¬
halb desselben abev allenthalben anerkannt, wollte durch Lothar
auf den päbstlichen Stuhl zurückgeführt sein. Der Gegenpabst
Anaklet wurde dagegen geschützt durch die Normannen, deren
Macht in Unteritalien sich auf gefahrdrohende Weise erweitert,
da sie nach Eroberung von Sicilien und Vereinigung sämmt-
Ucher normannischen Besitzungen unter den vom Pabst als
König anerkannten Roger II. ein bedeutendes Reich bildeten.
Dazu kam als dritter Beweggrund ein zwischen einer kaiser¬
lichen und päbstlichen Partei in den lombardischen Städten
um Privatinteressen ausgebrochener Streit. Unter diesen Um-
ständen kam Lothar nach Italien, konnte aber weder gegen