Full text: Vom Dreißigjährigen Krieg bis zur Gegenwart (Teil 5)

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50. An mein Volk. 
So wenig für Mein treues Volk, als für Deutsche bedarf es 
einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt be¬ 
ginnt. Klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor Augen. 
Wir erlagen unter der Übermacht Frankreichs. Der Frieden, 
der die Hälfte Meiner Unterthanen Mir entriß, gab uns seine 
Segnungen nicht; denn er schlug uns tiefere Wunden, als selbst 
der Krieg. Das Mark des Landes ward ausgesogen, die Haupt¬ 
festungen blieben vom Feinde besetzt, der Ackerbau ward gelähmt 
so wie der sonst so hoch gebrachte Kunstfleiß unserer Städte. Die 
Freiheit des Handels ward gehemmt und dadurch die Quelle des 
Erwerbs und des Wohlstands verstopft. Das Land ward ein 
Raub der Verarmung. 
Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten 
hoffte Ich Meinem Volke Erleichterung zu bereiten und den fran¬ 
zösischen Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein eigner Vorteil 
fei, Preußen seine Unabhängigkeit zu lassen. Aber Meine reinsten 
Absichten wurden durch Übermut und Treulosigkeit vereitelt, und 
nur zu deutlich sahen wir, daß des Kaisers Verträge mehr noch 
wie seine Kriege uns langsam verderben mußten. Jetzt ist der 
Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über unseren Zustand 
aufhört. 
Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr 
wißt, was Ihr seit fast sieben Jahren erduldet habt, Ihr wißt, 
was Euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf 
nicht ehrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an den 
großen Kurfürsten, den großen Friedrich. Bleibt eingedenk der 
Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: 
Gewissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und 
Wissenschaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen 
Verbündeten, der Russen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. 
Staude u. Göpfert, Lesebuch V. 7
	        
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