Full text: Geschichte der Deutschen

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den vornehmsten Fürsten und Geistlichen auf die rechte Schulter. Bald trug 
jeder, der sich an dem Zuge beteiligen wollte, ein solches Kreuz. Daher hießen 
die Züge Kreuzzüge, die Teilnehmer aber Kreuzfahrer. 
4. Begeisterung -eg Volkes. In wenigen Wochen verbreitete sich diese 
Begeisterung durch alle christlichen Länder. Bald entstand eine allgemeine 
Bewegung im Volke. Freudig trennten sich Mann und Weib, Eltern und 
Kinder; der Landmann vergaß seines Feldes, der Hirt feiner Herde; die 
Mönche verließen ihre Zellen; kein Stand, kein Alter wollte zurückbleiben. 
Jedermann glaubte wunderbare Zeichen am Himmel zu sehen. Da fielen 
Steine hageldicht vom Himmel; Kometen und Nordlichter erschienen; ein feuriger 
Weg ging durch die dunkle Bläue des Himmels nach Osten hin; der halbe 
Himmel erschien blutrot; ein Priester sah am Himmel ein Schwert, ein anderer 
ein ganzes Heer, ein dritter zwei feurige Reiter, die miteinander kämpften; 
ja, es ging sogar die Sage, Karl der Große sei von den Toten auferstanden 
und werde die heiligen Streiter selbst anführen. Nicht alle aber nahmen aus 
heiliger Begeisterung das Kreuz: manchen Ritter lockten die Abenteuer; dem 
Leibeigenen winkte die Freiheit, und der Arme hoffte auf reiche Beute. An 
Deutschland jedoch ging diese Bewegung ziemlich spurlos vorüber, da Heinrich IV. 
mit der Kirche zerfallen und das deutsche Reich in sich uneins und zerrissen war. 
5. Die ersten treuerer. Viele der Kreuzfahrer konnten die zum 
Aufbruche bestimmte Zeit nicht abwarten. Im Frühjahre 1096 zogen daher 
diese ungeordneten Scharen die Donau entlang durch Ungarn. An ihrer Spitze 
ritt Peter von Amiens auf seinem Esel und ein Ritter, Walter von 
Habenichts. Die meisten waren waffenlos, ohne Reisegeld und Reisevorrat. 
Durch Raub und Mord suchten sie ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Sie 
wurden deshalb schon von den erbitterten Ungarn erschlagen. Andere starben 
durch Hunger und Krankheit. Noch andere, welche über Konstantinopel bis 
nach Kleinasien kamen, wurden hier von den Türken aufgerieben. Nur 
mit einem kleinen Häuflein kehrte Peter nach Konstantinopel zurück. Alt 
100000 Menschen sollen auf diesem ersten Zuge ums Leben gekommen sein. 
6. Der üren^ug. Im Sommer 1096 hatte das Hauptheer endlich seine 
Rüstungen vollendet. Es bestand aus den edelsten Rittern Frankreichs. An 
seine Spitze stellte sich Gottfried von Bouillon, Herzog von Lothringen. 
Er nahm feinen Weg durch Ungarn nach Konstantinopel. Andere Fürsten aus 
Frankreich und Italien fuhren zu Schiffe über das Mittelmeer dorthin. Hier 
sammelte sich ein Heer von 100000 geharnischten Rittern und 300000 Fuß- 
soldaten; mit Weibern und Kindern, Mönchen und Knechten zählte es wohl 
über 600000 Mann. Von Konstantinopel ging das Heer durch Kleinasien. 
Der riesige Zug bewegte sich nur langsam vorwärts; denn nicht nur die 
Türken bereiteten große Hindernisse, sondern noch mehr bie wüsten, verübelen 
Gegenden. Da mußten seinbtiche Heere geschlagen, feinbliche Stabte erobert 
unb vorher oft Monate lang belagert werben. Heißer Sonnenbranb erschlaffte 
bie ©lieber. Balb fehlte es auch an Nahrungsmitteln. Eine entsetzliche 
Hungersnot brach aus; bie Menge bes Volkes aß gierig bie ekelhaftesten Dinge; 
Gras, Leber, Banmrinbe. Pferbesteifch, bas Aas gefallener Tiere erschien als 
kostbare Speise. Dennoch rafften Hunger unb Krankheit Tausende bahin. 
33alb zeigte sich eine gefährliche Mutlosigkeit; auch bie Tapfersten fingen an 
zu verzagen. Enblich im Mai 1099 betraten bie Füße ber Übriggebliebenen
	        
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