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von selbst eingefunden. Es ware auch eine ganz nied-
liche Gesellschafterin, venn es nur nicht den langen,
kahlen Ringelschwanz hätte und nicht gar so viel an
Butter, Käse, Speck, Kuchen und Brot umlier naschte.
Kleinée Mädehen fürchten sich freilich vor einem
Mäuschen oft mehr als vor einem Löwen. Aber das
Mäuschen thut keinem Menschen etwas zuleide und
ist noch furchtsamer als der Hase. Lin leiser Tritt
auf den Fussboden erschreckt es so heftig, dass es
die schönsten Leckerbissen liegen lässt und über Hals
und Kopf seinem Loche zueilt. Die Katze ist der un-
erbittlichste Peind der Mäuse und sucht sie daher
ohne Geheifs überall auf, auf dem Boden, im Reller,
in Scheunen und Ställen.
269. Das milchweiße Mäuschen.
Ein milchweiß Mäuschen war einmal
von einer großen Mäusezahl
das einz'ge seiner Art;
sein Fellchen war dem Atlas gleich,
so glatt, so schimmernd und so weich;
es selbst war klein und zart.
„Kind,“ sprach die Mutter einst zu ihr,
„noch kennst du nicht das böse Tier,
die Katze, unsern Feind.
Sie lau'rt auf uns in finstrer Nacht;
dein Fell ist weiß, nimm dich in acht!
Mein Rat ist gut gemeint.
Auch vor der Eule hüte dich;
dir fehlt Erfahrung, wie man sich
Gefahren klug entzieht.“
Das Mäuschen dünkt sich klug und spricht.
„O Mutter, sorg für mich nur nicht!
Ich weiß schon, wie man flieht.“