175 
mächtigen Hiebe dem Feinde den Arm und den Säbel zugleich 
herunter Den Andern tödtete dann Alexander selbst. Die 
Schlacht wurde gewonnen, und im erbeuteten persischen Lager 
fand man große Schatze; denn die Perser pflegten alle ihre Kost¬ 
barkeiten mit sich zu führen. Die Beute wurde unter Macedo- 
nier und Griechen getheilt; er selbst behielt nichts; denn Eigen¬ 
nutz war seine Sache nicht. Dann zog er weiter. Auf seinem 
Zuge mitten durch Klein-Asien kam er in eine Stadt, die Gor- 
dium hieß. Hier, erzählte man ihm, sey der berühmte gordische 
Knoten, von dem ein altes Orakel gesagt hatte: wer ihn nicht 
lösen könnte, würde auch Olsten nicht erobern. Es hatte damit 
folgende Bewandtniß. Vor uralten Zeiten lebte in dem Lande ein 
ehrlicher Landmann, Namens Gordius. Der pflügte einmal auf 
seinem Acker; da kam ein Adler geflogen, und setzte sich ganz 
dreist auf das Joch seiner Stiere, und blieb den ganzen Tag 
sitzen. ,,Was mag das nur zu bedeuten haben?" dachte Gor¬ 
dius. Geschwind ging er nach einer benachbarten Stadt, deren 
Einwohner in dem Rufe standen gute Wahrsager "zu seyn, und 
fragte ein Mädchen, das ihm begegnete, wo wohl ein geschickter 
Wahrsager wohnte? „Ich kann dir selbst darin dienen," antwor¬ 
tete das Mädchen; „sage an, was ist dir widerfahren?" — 
Da erzählte denn Gordius die Geschichte mit dem Adler. „Weißt 
du was?" meinte die Wahrsagerin, „der Adler bedeutet, daß 
du einmal König werden wirst." — Der Landmann freute sich, 
heirathete das Mädchen, und blieb fürs Erste bei ihr. Nach ei¬ 
niger Zeit entstanden in seinem Vaterlande Streitigkeiten, und 
die Einwohner fragten das Orakel, was sie machen sollten, daß 
die Ruhe wiederhergestellt würde? „Wenn ihr nach Hause geht," 
lautete die Antwort, „werdet ihr einem Wagen begegnen; den 
Mann, der darin sitzt, macht zu eurem Könige." — Um diese 
Zeit wollte Gordius einmal seine Verwandten daheim besuchen, 
und reiste in sein Vaterland. Plötzlich sah er seinen Wagen 
umringt, man hob ihn heraus, und begrüßte ihn ahs König. 
Anfangs wußte er nicht, wie ihm geschah, und hielt die Leute 
für närrisch; endlich wurde ihm der Zusammenhang erklärt, und 
er ließ es sich gefallen, König des Landes zu werden. Zum 
Andenken der Begebenheit wickelte er das Sielenzeug um das 
Joch, umwand es mit Bast, schürzte einen künstlichen Knoten,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.