Die Vorboten der neuen Zeit.
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Auf seinen folgenden drei Reisen entdeckte Columbus noch einige Inseln (z. B.
Jamaika) und endlich auch die Nordostküste von Südamerika nicht weit von
der Mündung des Orinoko. Doch trägt der neue Erdtheil seinen Namen
nicht von dem Entdecker, sondern von dem ersten Beschreiber, dem Florentiner
Amerigö Vespucci. Columbus theilte mitvielengroßenMännerndasLoos,
daß ihm nicht vergönnt war, die Früchte seiner That zu genießen. Die auf
Hispaniola zurückgelassene Colonie war durch Streitigkeiten unter sich und mit
den Eingebornen in Verwirrung gerathen. Als nun Columbus zur Herstellung
der Ordnung die zügellosesten Ruhestörer strafte und andere nach Europa zu¬
rückschickte, klagten ihn diese am spanischen Hofe an und stellten seine Verwal¬
tung im schwärzesten Lichte dar. König Ferdinand schickte hierauf einen eng¬
herzigen Beamten zur Untersuchung ab, welcher sein Werk damit begann, daß
er ColumbuS seiner Statthalterwürde entsetzte und in Ketten nach Spanien
bringen ließ. Hier wurden zwar seine Fesseln gelöst, aber an Erfüllung des
abgeschlossenen Vertrags wurde nicht gedacht. Seiner Aemter und Würden
beraubt, starb Columbus bald nach seiner letzten, verunglückten Fahrt im
L9. Lebensjahr in Valladolid, von wo sein Leichnam später nach Cuba gebracht
wurde. Die Ketten, mit denen er gefesselt nach Spanien geführt worden, gab
ihm sein Sohn Diego ins Grab mit. Erst die Nachwelt erkannte die wahre
Größe des Mannes, der nicht blos durch seine Verdienste, sondern auch durch
seine königliche Natur so mächtig unter seinen Zeitgenossen emporragte.
§. 311. Durch Columbus war ein neuer Heldengeist geweckt worden;
alle muthvollen mit der See vertrauten Männer zogen auf Entdeckungen aus.
Wer wollte da müßig sein, wo für Geld-, Ruhm- und Ehrbegierde ein so
reiches Feld offen stand? Der abgehärtete, unternehmende Balbao überstieg
unter unglaublichen Beschwerden die gebirgige Landenge von Panama und
entdeckte den stillen Ocean. Der Portugiese Magelhaens fuhr durch die nach
ihm benannte Straße in das stille Weltmeer, erreichte nach den furchtbarsten
Hungerleiden die o st indischen Inseln und machte somit die erste Reise
um die Welt. Beide starben eines gewaltsamen Todes, jener durch seinen
neidischen Nachfolger, dieser durch Mörderhand auf den Philippinen. Selbst
das ferne Land Labrador im eisigenNorden war von den Italienern Cabot,
Vater und Sohn, entdeckt worden. — Die merkwürdigste Begebenheit aber
war die Entdeckung und Eroberung von Mexico durch Ferdinand Cortez.
Denn hier hatte man es nicht mit Wilden zu thun, sondern mit einem Volke,
das in Städten wohnte, Künste und Gewerbe trieb, sich in baumwollene Stoffe
kleidete und in einer geordneten Staatsverfassung mit einem König, einem rei¬
chen Adel und einem mächtigen Priesterstand lebte. Mit 700 kühnen Spaniern,
denen einige eingeborne Völkerschaften (dieTlaskalaner) als schwache Bundes¬
genossen zur Seite standen, unterwarf Cortez eine volkreiche Nation, der weder
Kriegsmuth noch Vaterlandsliebe abging, nahm ihren stolzen und mächtigen
König Montezuma in seinem eigenen Palaste gefangen und eroberte die
Hauptstadt Mexico, das „Venedig der westlichen Welt". Die schrecklichen Wir¬
kungen des donnernden Geschützes, die stattliche Reiterei, der Glanz deS euro¬
päischen Kriegswesens erzeugten in den Eingebornen die Vorstellung, daß die
Spanier höhere Wesen seien, denen sie mit ihren schwachen Kräften und arm¬
seligen Waffen (Eisen war ihnen unbekannt) nicht zu widerstehen vermöchten.
Heldenmüthig vertheidigten die Mericaner ihr Vaterland und ihre Freiheit.
Sie tödteten ihren gefangenen König, der den Spaniern hold und ergeben war,
mit Steinwürsen und nöthigten die Fremdlinge durch einen verzweifelten Auf¬
stand in der berühmten „Trauernacht" zu einem verlustvollen Rückzug auf
1506.
1514.
1515.
1520.
1521.