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Das Zeitalter Ludwigs XIV.
Monat später wurde Türenne, der größte Feldherr seiner Zeit, bei Saßbach
von einer Kanonenkugel getödtet und der Feind gezwungen, sich über den
Rhein zu ziehen. Aber noch über drei Jahre dauerte der Krieg, der besonders
den Ländern an der Mosel und Saar, wo die Franzosen furchtbare Verwüstun¬
gen anrichteten, verderblich wurde. Erst als das englische Parlament drohend
verlangte, daß die Regierung von dem Bunde mit Frankreich abstehe und die
Holländer unterstütze, beschloß Ludwig, dem Krieg ein Ende zu machen. Klug
wußte aber die französische Staatskunst die Gegner zu trennen, damit ihr Kö¬
nig als Gebieter auftreten könne. In dem Frieden von Nymwegen bekamen
die Holländer, die mittlerweile dem tapfern Wilhelm von Oranien die
Statth alterschaft als erbliche Würde seines Mannstammes verliehen,
alle verlorenen Länder und Städte zurück; dagegen mußten die Spanier an
Frankreich die burgundische Freigrafschaft (Franche Comte) und alle in
der Linie von Valenciennes und Mau beuge liegenden festen Orte abtre¬
ten und das deutsche Reich verlor nicht nur die Stadt Freiburg im Breis¬
gau, sondern mußte sich auch die größten Demüthigungen gefallen lassen. Das
zu Deutschland gehörende Herzogthum Lothringen, welches die Franzosen
im Anfang des Krieges in Besitz genommen, wurde dem in östreichischen Dien¬
sten stehenden Herzog unter so entehrenden Bedingungen zurückgegeben, daß
dieser vorzog, es noch länger in den Händen der Feinde zu lassen, und der
große Kurfürst sah sich genöthigt, alle mit so vieler Anstrengung eroberten
Landschaften und Städte in Pommern den Schweden wieder abzutreten.
§. 405. Die furchtsame Nachgiebigkeit der deutschen Fürsten steigerte Lud¬
wigs XIV. Uebermuth und Vergrößerungssucht. Er stellte die Behauptung
auf, eine Anzahl Ortschaften und Gebietstheile, die in srühern Jahren zu den
im Westfälischen und Nymweger Frieden an Frankreich gefallenen Landschaften
und Städten gehört hätten, seien in die Abtretung inbegriffen. Um diese zu er¬
mitteln, errichtete er in Metz und Breisach sogenannte Reunionskam- leso.
mein und riß, auf deren Aussprüche gestützt, eine Menge Städte, Flecken,
Dörfer, Burgen, Mühlen, ja ganze Landstriche ans dem linken Rheinufer an
sich. Der gute Erfolg machte den französischen Gebieter immer kühner, so daß
er zuletzt mitten im Frieden die freie Stadt Straßburg dem deutschen »«s«.'
Reiche entriß. Der verrätherische Bischof Franz Egon von Fürsten b erg
war bei der Ueberraschung und Besetzung behülflich. Die einst freie Bürger¬
schaft mußte nach ihrer Entwaffnung dem fremden Machthaber knieend den Un-
terthaneneid leisten; das Münster, die Zierde deutscher Baukunst, wurde dem
katholischen Gottesdienst übergeben und das Zeughaus geleert. Auch in Italien
hatten Mailand und Genua unter den Gewaltthätigkeiten des Königs zu lei¬
den. Und statt mit vereinten Kräften den Uebermuth zu strafen, schloffen Oest-
reich, Spanien und das deutsche Reich mit dem Machthaber zu Regensburgis. Aug.
einen zwanzigjährigen Waffenstillstand, worin alle reunirten und 168,<-
geraubten Gebiete und Ortschaften mit Einschluß der kurz zuvor eroberten Fe¬
stung Luxemburg, dem letztem überlassen wurden mit der einzigen Bedin¬
gung, daß die R eunionen nunmehr eingestellt und die französischen Hoheits¬
rechte nicht weiter ausgedehnt würden. So lag die Welt vor Frankreich in
Schrecken gefesselt.
c) Oestreichs Bedrängniß und Sieg.
tz. 406. Während dieser Zeit warKaiser Leopold im Osten seines Reichs
beschäftigt. In Ungarn hatten die Bedrückungen der Protestanten durch die