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Die neue Zeit.
höhten den Glanz und Ruhm deS großen Ludwig. Die feine Geselligkeit, der gebil¬
dete Ton, die leichten Manieren des Adels und der Hofleute besiegten Europa weiter
und dauernder als die Waffen der Heere. Französische Moden, Sprache und Litera¬
tur wurden von dem an in allen Kreisen der höhern Gesellschaft herrschend. Die
Gründung der französischen Akademie durch Richelieu hatte die Folge, daß
die französische Sprache, der Styl, und die schriftstellerische Form ausgebildet
wurden, ein Vorzug, welcher der Verbreitung der Literatur sehr förderlich war.
Die für den geselligen Verkehr, für die mündliche Unterhaltung, wie für Briefe be¬
sonders ausgebildete Sprache blieb fortan die Sprache der Diplomatie, der Höfe und
der hohern Gesellschaft; und wenn gleich den literarischen Erzeugnissen Kraft,
Schwung und Natur abgeht, die Glätte der Form, die Leichtigkeit und Gewandtheit
des Styls verschafften dem französischen Geschmack die Herrschaft in Europa und
bestärkten die Franzosen in dem selbstgefälligen Dünkel, daß sie das gebildetste Volk
Cvrneille fam. Die dramatische Dichtkunst erreichte zu Ludwigs Zeit ihren Höhepunkt
Racine' *n deter Corneille, dessen „Cid" als Grund und Anfang der klassischen Büh-
-i-1699. nendichtung gilt, in I. Racine, der in seiner Iphigenie und Phädra mit
ii°G73 ^uripides zu wetteifern wagte und in dem talentvollen Komödiendichter Molie re,
Bmlemi dessen Tartüffe, Geizhals, Menschenfeind u. a. den tiefen Kenner der
fi7ii. menschlichen Natur in ihrer Verirrung beurkunden. Boileau (Despreaur),
ein gewandter Verskünstler, wurde wegen seiner Oden und Satiren als franzö-
^ sischer Horaz gepriesen; Lafontaine's Fabeln und Erzählungen sind noch
+ 1694. jetzt als Schul- und Kinderbuch in allen Familien bekannt und die Abenteuer
+ 1716" Telemachs vom Bischof Fenelon sind in alle europäischen Sprachen übersetzt
Bossuet un^ haben eine unglaubliche Verbreitung. Zugleich wurde durch den Bischof
+ 1704. Bossuet und andere geistliche Redner die Kanzelberedsamkeit, durch den Hugenotten
Bcihl« Bayle die Philosophie des Zweifels (Skepticismus) und durch die Religionspartei
+ 1706. Jans enisten, in ihrem Kampfe gegen die Jesuiten und deren gefährliche Sitt¬
lichkeitslehre, die Literatur der Streitkunst mit Vernunftgründen (Polemik) ausge-
Pascal hildet. In dieser letzten Gattung stehen die Briefe aus der Provinz von
+ 1662. Pascal oben an.,
§. 409. Aber wie sehr auch Schmeichler das Zeitalter Ludwigs XIV. preisen
mögen, einen Schandfleck, die V er so lg u ng der Hu g en ot t e n, können sie nicht
vertilgen. Der französische König glaubte, daß mit einer vollendeten Monarchie
E in heit d er Kir ch e unzertrennlich wäre. Darum bedrückte er die Jan sen isten,
eine katholische Partei, die zuerst gegen die Jesuiten, dann gegen das kirchliche
Oberhaupt selbst ankämpften, und zwang durch die härtesten Verfolgungen die Cal-
vinisten theils zur Flucht theils zur Rückkehr in den Schooß der katholischen Kirche.
Lange Hintertrieb Colbert, der die Hugenotten als betriebsame, gewerbthätige
Bürger schätzte, gewaltsame Maßregeln; aber die Einflüsterungen des königl. Beicht¬
vaters La Chaise, der Bekehrungseifer der frömmelnden Frau von M ainten on,
die zuerst Erzieherin am Hof, dann Ludwigs angetraute Gemahlin war, und der
harte Sinn des Kriegsministers Louvois trugen endlich den Sieg über Colberts
Rathschläge davon. Eine lange Reihe drückender Maßregeln gegen die Hugenotten
bereitete den Hauptschlag vor. Man verminderte die Zahl ihrerKirchen und beschränkte
den Gottesdienst auf wenige Hauptorte. Ludwigs Anfälle von Reue und Andacht
wurden stets die Quelle neuer Drangsale für die calvinischen Ketzer, durch deren
Bekehrung er seine Sünden zu sühnen hoffte. Man schloß sie allmählich von Aem-
tern und Würden, von Gemeindestellen und Zunftrechten aus und begünstigte die
Bekehrten, dadurch wurden die Ehrgeizigen verlockt; die Armen suchte man
durch Geld zu gewinnen, das aus des Königs Bekehrungskassc und aus den milden
Gaben vornehmer Frommen floß, und durch die Verfügung, daß der Uebertritt