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Geschichte der alten Welt.
halten und seine Macht durch Bekämpfung und Vertilgung des Bösen in der
Außenwelt wie in der eigenen Brust zu schwächen.
§. 26. Lange standen die M ed er unter der Botmäßigkeit fremder Völker,
bis sie endlich sich ermannten und als tapfere Männer ihre Freiheit erkämpften.
Aber bald gelang es einigen kriegerischen Königen, die neuerworbene Freiheit
des Volks wieder zu unterdrücken und eine unbeschränkte Militärherrschaft zu
begründen. Zugleich unterwarfen sie andere benachbarte Völker, darunter die
stammverwandten Perser, welche seit Jahrhunderten in dem schönen „Ro߬
lande" Farsistan in altväterlicher einfacher Weise ihre Heerden weideten und
ihren Jagden und Fehden nachgingen. Doch war ihre Herrschaft von kurzer
Astyages Dauer. Astpäges, der letzte Mederkönig, meldet die persische Sage, hatte ein
c-575- Traumgesicht, welches seine Wahrsager dahin auslegten, daß der Sohn seiner
Tochter einst über Medien und Vorderasien herrschen würde. Als nun seine Tochter,
die mit einem kleinen Fürsten der unterworfenen Perser vermählt war, einen
Sohn Namens Cyrus (Kyros) zur Welt brachte, gab Astyages den Befehl,
ihn im Dunkel eines entlegenen Waldes zu tödten, damit nicht die Perser die
Herrschaft über die Meder erlangten. Allein durch das Mitleid eines Hirten,
dem die Ermordung übertragen worden war. entging Cyrus dem ihm zuge¬
dachten Schicksale. Er wurde als der Sohn des Hirten erzogen, gab aber schon
als Knabe bei einem Spiel die inwohnende Herrschernatur kund, was Veran¬
lassung ward, daß er vor den König gebracht und erkannt wurde. Astyages,
durch die Wahrsager beruhigt, ließ Cyrus nunmehr seinem Stande gemäß erzie¬
hen und schickte ihn in reifem Jahren den Eltern nach Persien zurück. Hier
erwachte in seiner Seele der Gedanke, das tapfere, aber unterjochte Volk von
der medischen Knechtschaft zu befreien und mit demselben auf Sieg und Erobe¬
rung auszuziehen. Sein mächtiger Geist und sein gebieterisches Wesen riß die
Perser zur Bewunderung und Folgsamkeit hin. Er zog gegen die Meder zu
Felde; Astyages, verrathen und besiegt, überließ den Thron seinem glücklichen
Enkel, der nunmehr der Gründer eines Weltreichs wurde, das fast alle gebil-
®J™J deten Länder Asiens umfaßte.
§. 27. Um diese Zeit herrschte in Sardes, der Hauptstadt von Ly-
Cyrus u.dien, der König Krösus, der so große Reichthümer besaß, daß sein Name
Kro,us. spxichn)E)rtlich geworden ist. Er war ein Freund und Bundesgenosse des Astya¬
ges, darum gerieth Cyrus bald mit ihm in Krieg. Getäuscht durch einen zwei¬
deutigen Orakelspruch, setzte Krösus über den Grenzfluß Halys, um die Per¬
ser anzugreifen, erlitt aber eine Niederlage und mußte sich in eiliger Flucht nach
seiner Hauptstadt zurückziehen. CyruS folgte ihm, eroberte Sardes und gab
Befehl, den gefangenen König in den Flammen sterben zu lassen. Schon saß
346. Krösus gefesselt auf dem Scheiterhaufen, als ihn die Erinnerung an den athe¬
nischen Weisen Solon von dem Untergang rettete. Dieser war einst nach Sar¬
des gekommen und von dem König gastlich empfangen worden. Im stolzen
Gefühl seines Glücks ließ ihn Krösus durch seine Schatzkammern führen und
ihm alle seine Reichthümer zeigen. Darauf fragte er ihn, wen er für den glück¬
lichsten Sterblichen halte, in der festen Ueberzeugung, Solon werde ihn nennen.
Aber dieser nannte zuerst den Athener Tellus, der bei ausreichendem Vermögen
schöne und wohlgerathene Söhne und Enkel gehabt, im siegreichen Kampfe
wider die Feinde seines Vaterlandes gefallen und von seinen Mitbürgern an
der Stätte, wo er den Tod gesunden, begraben worden sei. Weiter befragt
nannte er an zweiter Stelle zwei Jünglinge, Kleobis und Biton, Söhne einer
Priesterin in Argos, und erzählte: Einst hätte die Mutter zu einem Opfer in
den Tempel fahren müssen und als die Zugstiere ausblieben, hätten sich die