Full text: Geschichte des deutschen Volkes

150 D.Kurkr.u.d.Oberrh.Kr. D.Pfälz.HauS. HausNas.-Oran. HausLothar. § 248. 
2. Der Kurkreis und der Oberrheinische Kreis. Das Pfälzer 
Haus. Haus Nassau-Oranien. Haus Lotharingen. 
§ 248. In der Mitte des westlichen Deutschlands, wo von rechts der 
Neckar zwischen Obstgärten und Rebenhügeln, der Main durch reiche Frucht- 
gebreite, und die Lahn unter Fels und Busch ihren Weg zum schönen Rheine 
nehmen; wo von links die Nahe zwischen den dunklen Höhen des Donners¬ 
berges und Jdarwaldes, und die Mosel zwischen alten Burgen, Städten und 
Weinbergen hindurch sich gleichfalls zum Rheine winden: hier in den alten 
Kernlanden des Reichs, einst den Herzogthümern Franken und Oberlotharingen 
angehörig, kreuzten sich zwei Kreise, der Kurkreis und der Oberrheinische. 
Der erstere umfaßte die Gebiete der vier Kurfürsten von Mainz, Trier, 
Cöln und Pfalz. Die Kurpfälzische Residenz war Heidelberg am Neckar, 
und das Schloß dieser, dem Wittelsbachschen Hause angehörenden Herren 
hob sich, von röthlichem Stein erbaut, am Fuß des mächtigen, waldbedeckten 
Königsstuhls, gar lieblich aus dem Grün der Bäume und blickte über eins der 
herrlichsten Thäler Deutschlands, das hier gegen den Rhein hin weit sich öffnet. 
Das Pfalzgrafenamt, (Z 82. 107.), ursprünglich für das Herzogthum Franken 
bestimmt, war von Kaiser Friedrich II. an Ludwig von Baiern (Wittels- 
bach) gegeben worden, dessen Enkel jener Ludwig der Strenge war, der 
zur Zeit des Interregnums um ungegründeten Verdacht seine Gemahlin hin¬ 
richten ließ. Dessen Söhne waren Rudolf, der Pfalzgraf, und Ludwig, der 
spätere deutsche Kaiser (§ 218). Von Rudolf leitet sich das Psalzbaierische 
Haus ab, da Kaiser Ludwig durch den Hausvertrag von Pavia 1329 den 
Söhnen desselben, Ruprecht I. und Rudolf, die Pfälzischen Länder und 
einem Enkel desselben die Ober Pfalz (den alten Nordgau § 82.) an dem 
Westabhange des Böhmer Waldes) überließ. Von der Kurlinie ward schon 
1386 die Universität zu Heidelberg gestiftet. Ihr entstammte auch Ruprecht 
(III.), der von 1400—1410 deutscher König war (§ 229.) ebenso jener Frie¬ 
drich der Siegreiche (§ 239) der zur Zeit Kaiser Friedrichs III. an Stelle 
seines minderjährigen Neffen die Kurwürde sich angeeignet und sie dem Kaiser 
zum Trotz bis zu seinem Tode 1476 behauptete — damals der entscheidende 
Herr in Westdeutschland. In seiner ruhmreichsten Schlacht, der von Secken¬ 
heim 1462, nahm er seine Feinde, den Grasen von Wirtenberg, den Mark¬ 
grafen von Baden und den Bischof von Metz, gefangen, bewirthete sie, als sie 
aus langer, harter Haft sich theuer gelöst, zuletzt dann prächtig auf seinem 
Heidelberger Schloß, ließ ihnen aber kein Brot zu den Speisen aufsetzen. 
Als sie sich darüber wunderten, ließ er ihnen sagen: sie hätten seinen Bauern 
die Erndte verderbt und verbrannt, nun möchten sie sehen, wie es sich ohne 
Brot leben ließe. — Diese pfälzische Linie des Wittelsbachschen Hauses ging 
auch später ihren eigenen Weg; zur Reformationszeit trat sie mit Entschiedenheit 
dem evangelischen Bekenntniß bei, während die übrigen Wittelsbacher ebenso eifrig 
katholisch blieben.*) 
*) Als die gerade Kurlinie 1559 erlosch, ging die Kur auf eine jüngere Linie, 
Pfalz-Simmern über. Dieser entstammte der unglückliche Friedrich V., König von 
Böhmen, der im dreißigjährigen Kriege Land und Leute und auch die Kur einbüßte, 
welche letztere nun auf die herzogliche Linie, die Nachkommen Kaiser Ludwigs, über¬ 
ging. Doch bekam mit dem westphälischen Frieden das Pfälzische Haus die Kurwürde, 
als die 8te im Reich, zurück. Abermals waren jüngere Linien abgezweigt: Pfa lz-Neu- 
burg, auf welches 1685 die Kurlaude sammt der Kurwürde übererbten, Pfalz-Zwei¬
	        
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