Full text: Geschichte des deutschen Volkes

Landsknechte und Soldaten. § 419—420. 
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gegolten. Selbst als die innere Auflösung lange begonnen, im 14. und 15. Jahr¬ 
hundert, hatte doch die aufsteigende Macht des Hauses Oestreich, aus dem bald 
allein die Kaiser kamen, diesen Schein einer höchsten Macht noch bestehen lassen. 
Noch zur Reformations;eit fühlten sich die Deutschen in ihrem vollen Werth. 
Jetzt war Sache und Schein dahin. Im Mittelalter waren von Deutschland 
die wichtigsten Entscheidungen für Europa ausgegangen: jetzt wirkte jede Bewe¬ 
gung Europa's auf Deutschland zurück, ward auf Deutschlands Boden ansge¬ 
kämpft, und ans Deutschlands Kosten vertragen. Das Reich ward ein Spott 
der Völker, bald der Deutschen selbst; weder zum Angriff noch zur Vertheivi- 
gung geschickt, altersschwer und krankend, ging es dem Grabe zu. Seine Zeit 
war vorüber, aber noch nicht das durch die Reformation erneuerte Leben der 
deutschen Nation, so todtkrank auch dieß im Augenblick war; — es suchte sich 
nur neue Bahnen und Formen, um wieder zum schönen, kräftigsten Ausdruck 
zu kommen. 
c. 
Deutsches Volksleben in dieser Periode. 
1. Landsknechte lttib Soldaten. 
§ 420. Die vorliegende Periode schließt mit dem furchtbarsten Kriege, den 
überhaupt die Weltgeschichte je gesehen. Es wird also angemessen sein, die¬ 
jenigen näher zu betrachten, die demselben unmittelbar ihre Kräfte liehen. Schon 
oben (§ 305.) ward der Landsknechte erwähnt, die seit dem 15. Jahrhundert 
begonnen hatten, ein eigenes Wafsenhandwerk, gleichsam eine wandernde Krieger¬ 
zunft zu bilden. Unter Kaiser Maximilian, der sie besonders begünstigte und 
beinahe für ihren Schöpfer gilt, und unter Karl V., der ihrer in seinen italie¬ 
nischen Kriegen sich bediente, standen sie in besonderen Ehren. Männer wie der 
reisige, auch körperlich gewaltige Jürge von Fronsperg (er war so stark von 
Gliedern, wenn er den Mittelfinger der rechten Hand ausstreckte, daß er damit 
den stärksten Mann, so sich steif stellete, vom Platze stoßen, ein rennend Pferd 
beim Zaune ergreifen und stellen, die großen Büchsen und Mauerbrecher allein 
von einem Ort zum andern führen konnte), wie der Truchseß von Wald- 
burg (§ 348.), Sebastian Schertlin (§ 362.) bildeten und übten sie 
weiter. Auf dem Haupt die Sturmhaube mit einer Feder geschmückt, vor der 
Brust den Krebs (den Harnisch), an den Beinen gestiefelt (selten noch geharnischt), 
in der Hand die Lanze oder die Hellebarde, auch wohl schon statt ihrer die 
schwere Muskete, so stand mit ausgespreiztcn Füßen der Landsknecht fest in 
seiner Kriegshaltung; in größeren Massen wußte er bereits, ohne Reih und
	        
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