Fünfte Periode.
Vom Westfälischen Frieden 1648 bis zur Gegenwart. Bildung
der Brandenburgisch-Preußischen Großmacht. Blüte des deutschen
Geisteslebens. Freiheitskriege.
Deutsche "Aalionatgeschichte.
A.
Zinken der habsbnrtzischcn Monarchie. Emporwachsen
Preußens. 1648—1740.
1. Die Weltlage.
§. 432. In dem großen dreißigjährigen Kriege, der zuletzt nicht mehr
ein deutscher, sondern ein Weltkrieg gewesen, war die Oestreichisch-
Spanische Monarchie unterlegen; die katholische Weltherrschaft derselben be¬
drohte fortan Europa nicht mehr. Aber an ihre Stelle trat Frankreichs
Uebergewicht in Europa, welches von Cardinal Richelieu (§ 396.) begründet,
von Cardinal Mazarin weiter befestigt, und von dem Könige Ludwig XIV.
1643 — 1715 zur vollen Geltung gebracht wurde. Es beginnt mit diesen
Männern die Zeit der absoluten Monarchie d. h. der Herrschaft des un¬
beschränkten königlichen Befehls und Willens*), die bald in ganz Europa Nach¬
ahmung fand. In dem politischen Verkehr der Staaten (in der Diplomatie)
ward statt des ehemaligen Latein die französische Sprache üblich, und ebenso
ward das französische Vorbild in den Sitten und Gebräuchen des gebildeten
Lebens vorherrschend. Durch die großen Geldmittel des Landes, durch ein starkes
wohlgeübtes stehendes Heer, durch eifrige, wenngleich prahlerische und unfreie
Pflege von Kunst und Wissenschaft, durch hervorragende Feldherren und Staats¬
männer ward dieser glänzende Vorrang Frankreichs die ganze zweite Hälfte des
17. Jahrhunderts hindurch behauptet. Man nennt diesen Zeitraum deshalb auch
das Zeitalter Ludwig s XIV. (siècle de Louis XIV.).
§ 433. Neben Frankreich war durch Gustav Adolph als zweite Gro߬
macht Schweden getreten, und behauptete diese Stellung gleichfalls bis über
*) Man Hat zur kurzen Bezeichnung derselben gewisse Formeln und Redensarten,
die man Ludwig XIV. zuschreibt: 6ar tel est notre xlaisir. — L’état c’est moi.