266
Die Raubkriege Ludwig's XIV. §. 436—438.
Rhein, bis ein von Ludwig XIV. angeregter Einfall der Schweden ihn in
sein Land zurückrief (siehe unten). Zuletzt behauptete Ludwig XIV. im Frieden
zu Nymwegen 1678 abermals günstige Bedingungen, durch welche ihm von
Spanien die Franche Comte (§ 252.) und eine Reihe Orte an der niederlän¬
dischen Grenze, vom deutschen Reiche die oben erwähnten 10 Städte im Elsaß,
das sehr feste Freiburg im Breisgau und vorläufig das ganze Lotharingen
abgetreteten wurden.
§ 437. Durch die Reunionskammern verstand es dann Ludwig XIV.
den Raubkrieg auch im Frieden fortzusetzen, indem diese Gerichtshöfe, die man zu
Metz und Breisach einrichtete, entscheiden sollten, welches Gebiet jemals zu
den in den letzten Friedensschlüssen abgetretenen Ländern gehört hätte, damit
dasselbe als nun zu Frankreich gehörend, eingezogen werde. So wurden mitten
im Frieden eine Menge Landschaften (z. B. Vaudemont, Saarlouis, Saar¬
brücken, Mömpelgard, Luxemburg) eine Menge von Städten, Dörfern, Schlös¬
sern, Höfen, Mühlen u. dgl. von Frankreich besetzt. Das deutsche Reich, ohne
Zusammenhang, ohne Kraft und Lust sich zu bewegen, hatte nur ohnmächtige
Protestationen dagegen. Ja, während so Deutschlands Grenzen schamlos be¬
raubt wurden, stritten die kurfürstlichen und fürstlichen Abgesandten zu Regens¬
burg auf dem Reichstage, ob erstere auf purpurnen, letztere auf grünem Sammet
sitzen sollten, wer mit goldenen Messern und Gabeln und wer nur mit silbernen
speisen sollte. Vergebens mahnten die Stimmen vaterlandsliebender Dichter:
Nun ist es Zeit zu wachen,
eh Deutschlands Ehre stirbt
Und in dem weiten Rachen
des Krokodils verdirbt;
Herbei daß man die Kröten,
die unfern Rhein betreten,
Mit aller Macht zurücke
zur Saon' und Seine schicke!*)
Niemand rührte sich. Endlich setzte Ludwig XIV. seinen Räubereien die Krone
auf, indem er mitten im Frieden, durch den Verrath des Fürstbischof Egon
von Für sie n b erg, die alte herrliche Reichsstadt Straßbjurgzdem deutschen
Reiche entriß (1681). Vergebens mahnte seitdem der Dom, das Meisterwerk
altdeutscher Baukunst, gleichsam trauernd über den Rhein herüber; auch dieser
Schlag weckte das tobte Reich nicht auf. Zuletzt schloß es einen Frieden, ohne
daß Krieg gewesen, bestätigte allen Raub, und erlangte dann einige Jahre
Schonung. Zu gleicher Zeit bedrohte Dänemark, welches seit 1667 auch
Oldenburg unmittelbar regierte (§ 254. Amu.), auf Ludwig XIV. sich ver¬
lassend, Holstein und Hamburg 1686, bis auch hier der große Kurfürst im
Bunde mit Schweden und den braunschweigischen Hcrzögen dem Angriffe ein
Ziel setzte.
§ 438. Schon 1689 aber erneuerte Ludwig XIV. den Krieg, indem er
nach dem Aussterben des Hauses Pfalz (§ 248. Anm.) dieß Land für seinen
Bruder, den Herzog von Orleans, verlangte, der mit Elisabeth Charlotte, der
Schwester des erblosen Kurfürsten, vermählt war, ungeachtet diese bei ihrer Ver-
heirathung ausdrücklich auf die Erbfolge verzichtet hatte. Außerdem wünschte
auch Ludwig den Bruder des Verräthers von Straßburg, Wilhelm von
9 Hans Aßmann von Abschatz.