Die Leipziger Schlacht. § 666—667.
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24. Die Leipziger Schlacht.
§ 666. Bereits begann der Kreis um Napoleon, dessen Mittelpunkt noch
immer Äresden war, sich enger zu schließen; auch rückten durch Schlesien nach
Böhmen eben die russischen Reserven unter Bennigsen, an 57,000 M. stark,
herbei. — Blüchers Marsch nach Böhmen (§ 663.) ward also unnöthig; da¬
gegen betrieb er nun mit aller Macht den Uebergang über die Elbe. Sein
Heer zog sich deshalb rechts die schwarze Elster entlang, die zwischen Torgau
und Wittenberg mündet. Dieser Stelle gegenüber liegt das Dörfchen Warten¬
burg auf dem linken Elbufer, vor einem todten Arm des Flusses, der hier die
Sehne des im starken Knie sich beugenden Stromes bildet. Gerade an diesem
Knie hatte Blücher ungehindert zwei Schiffbrücken schlagen können, und das
Vork'sche Corps ging hier über (am 3. Oktober). Aber auf der Westseite, in
den Weidendickichten und Sumpfstrecken vor dem Dorfe, längs der ganzen Sehne
des todten Elbarmes, entspann sich erst der mörderische Kampf; neben und
hinter dem Dorfe standen unter Bertrand Italiener, Franzosen und Rheinbunds¬
truppen, besonders Württemberger, die den Uebergang theuer verkauften. Nur
Nork's zähe Beharrlichkeit, seine Kunst, vorsichtig ein Treffen zu nähren bis zum
letzten entscheidenden Stoß, brachte auch hier den Sieg und dem Feldherrn später
die Ehre des Namens von Wartenburg. Der Uebergang aber
nöthigte nun auch den noch inimer wiederstrebenden Bernadotte, über die Elbe
nachzufolgen. Dies geschah der Mündung der Mulde gegenüber bei Roslau
und Acken. Die schlesische und die Nordarmee waren soniit vereinigt, und
standen im Rücken Napoleons.
§ 667. Auch im Hauptquartier hatte man endlich erkannt, wie ungemein
günstig durch die Siege der Schlesischen und Nordarmee die Lage der Ver¬
bündeten sich gestaltet, und es war nun auch hier wieder beschlossen worden,
angriffsweise vorzugehen. Als Zielpunkt sämmtlicher Armeen ward Leipzig aus¬
ersehen. Napoleon durfte deshalb seine Stellung in Dresden nicht länger be¬
haupten, um nicht durch die überlegensten Streitkräfte von Frankreich abgeschnitten
zu werden. Denn schon kamen die Nachrichten, daß auch Baiern mit Oestreich
unterhandle, und dieser größte Rheinbnndsstaat im Begriff sei, in's feindliche
Lager überzugehen. Schon begannen fern in seinem Rücken die Streifparthien
der Verbündeten immer kühner zu werden, und T s chernitsch eff jagte zum
ersten Male Jerome aus seiner Residenz Cassel (I. Oktober). Mit einer
Handvoll Kosaken war das Königreich Westfalen umgestürzt worden, und mochte
immerhin der Bruder Napoleons noch einmal zurückkehren, seines Weilens war
nicht lange mehr. Am 7. Oktober brach Napoleon von Dresden auf und zog
der Mulde zu. Es galt Blüchers Heere, der zu beiden Seiten dieses Flusses
von Düben abwärts stand. Der aber wich, sobald er die Absicht Napoleons
erkannte, ihn mit überlegener Kraft anzugreifen und zu schlagen, mit derselben
Vorsicht und Geschicklichkeit aus, wie früher. Und zwar wandte er sich westlicb
der Saale zu, um durch diesen Marsch auch Bernadotte und die Nordarmee
sich nachzuziehen. Sein Plan gelang, und beide vereinigte Armeen nahmen
hinter der Saale von Merseburg bis Alsleben hin ihre Stellung, der Kronprinz
am weitesten nördlich und der Elbe am nächsten. Der Gegner war Napoleon
entschlüpft. Nun aber faßte dieser einen, für Freund und Feind überraschenden,
kühnen Plan. Er wollte über die Elbe gehen, die Marken und Berlin, die
jetzt ungedeckt waren, nehmen, und auf seine Festungen Magdeburg, Stettin,