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10. Unglückliches Ende.
So gut es nun auch der wackere Kaiser mit seinen Unterthanen
meinte, so wurden doch seine Absichten von den Meisten verkannt; ja
Viele arbeiteten ihm recht absichtlich entgegen. Statt geliebt zu werden,
wie er so recht verdiente, erntete er nur Haß und Undank. War dies
schon in seinen deutschen Staaten der Fall, so war es noch mehr in
Ungarn und in den österreichischen Niederlanden. Ungarn, als ein be¬
sonderes Königreich, hatte noch seine eigenen Gesetze und Freiheiten;
auch wurden die Gerichtsverhandlungen in lateinischer Sprache geführt,
die fast jeder Ungar verstand. Aber Joseph wollte, daß alle seine Länder
ein gleichmäßiges Ganzes ausmachen sollten und befahl daher, daß künf¬
tig auch in Ungarn die deutsche Sprache die allgemeine Geschäftssprache
sein sollte. Wer von den Beamten sie in drei Jahren nicht verstünde,
sollte sein Amt verlieren. Das zu fordern, war aber eine große Unge¬
rechtigkeit und Härte, und brachte die Gemüther in Gährung, die sich
noch vermehrte, als auch bie bisherige Regierung bes Laubes noch ver-
änbert würbe.
Noch schlimmer ging es in ben Nieberlanben, bem jetzigen Belgien.
Hier machte er mehrere sehr nützliche Einrichtungen, bie besonbers einen
besseren Unterricht ber Geistlichkeit bezweckten. Aber gerabe darüber
waren bie Bischöfe aufgebracht unb hetzten bas über manche Neuerung
schon unzufriedene Volk noch mehr auf. So brach im Jahre 1788 ein
förmlicher Aufruhr aus; Joseph gab nach, aber es war zu spät. Mit
Gewalt konnte er nicht viel ausrichten, da feine Heere gerade gegen die
Türken fochten, und so mußte er es erleben, wie sich feine niederländischen
Provinzen für unabhängig erklärten. Der Feldzug gegen die Türken
endete auch unglücklich und so wurde die ohnehin schon angegriffene Ge¬
sundheit des Kaisers völlig erschüttert durch den Kummer, der fortan un¬
aufhörlich an seinem Herzen nagte. In Ungarn hatte der Adel sich er¬
hoben und das Volk gegen den Kaiser aufgereizt. Joseph, siech und
mit gebrochener Kraft, sah sich genöthigt, alle seine Verordnungen zu¬
rückzunehmen.
Im Bewußtsein, das Gute gewollt zu haben, sprach er: „Ich wollte,
man schriebe auf mein Grab: Hier ruht ein Fürst, dessen Absichten rein
waren, der aber das Unglück hatte, alle seine Plane scheitern zu sehen."
Er starb am 20. Februar 1790.