Full text: Für Klasse VIII und VII (2tes und 3tes Schuljahr) (Teil 1, [Schülerband])

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weisen. Sie flog immer von Busch zu Busch vor ihm her, dem 
Laufe des Baches entgegen, der aus den Bergen kam. Bald hob 
sich der Boden, und der Bach plätscherte lauter zu Werners Füßen 
dahin; dann gelangte er in ein ansteigendes Thal, welches sich immer 
mehr verengte, indes die Seitenwände steiler wurden, und zuletzt, als 
der Bach plötzlich um einen Felsvorsprung bog, sah Werner vor sieb 
eine glatte Steinwand, die hoch aufragte und oben mit mächtigen 
Tannen gekrönt war. Der siebte Vogel war plötzlich verschwunden, 
doch tönte seine Stimme von oben in der Ferne verhallend: „Gleich! 
Gleich!" 
Werner setzte sich auf einen Felsblock und betrachtete die Stein¬ 
wand. Sie war glatt und ohne Fugen und mit Moos und bunten 
Flechten bewachsen; sonst war nichts an ihr zu sehen. So saß er 
und wartete. Der Bach schoß unablässig plätschernd zur Seite aus 
einem Felsenspalt, und aus den Tannenwipfeln kam das eintönige 
Singen der Zweige, sonst war kein Laut ringsum vernehmbar. Endlich 
hörte er ein leises Flattern über sich und eine Haselnuß fiel vor seine 
Füße. „Nimm! Nimm!" rief der kleine Vogel. „Beiß auf! Beiß auf!" 
Werner nahm die Nuß und betrachtete sie. Es war nichts 
Besonderes an ihr zu sehen, aber wenn man sie schüttelte, so klapperte 
es, als sei etwas Hartes eingeschlossen. Er knackte sie auf und fand 
einen zierlichen und goldenen Schlüssel darin. Unterdes war der 
kleine Vogel an die Steinwand geflogen, hatte sich dort mit seinen 
feinen Füßchen angehäkelt und pickte so emsig zwischen den Flechten 
herum, daß die Stückchen davonflogen. Endlich rief er: „Hier! Hier!" 
Werner trat hinzu und bemerkte nun ein kleines mit Silber 
eingefaßtes Schlüsselloch. Der goldene Schlüssel paßte ganz genau 
hinein, und als Werner ihn umdrehte, da ging ein merkwürdig feines 
Klingen durch die Steinwand, und es that sich ganz von selbst eine 
schwere Thür auf, welche so genau in ihren Rahmen paßte, als sei 
sie eingeschliffen. Zugleich strömte eine warme, bläuliche Luft aus 
der Öffnung hervor, und es verbreitete sich ein Duft nach ausge¬ 
blasenen Wachskerzen und angesengten Tannennadeln. 
„O, wie riecht das nach Weihnachten!" sagte der kleine Werner. 
Der Vogel aber rief: „Hinein! Hinein! Fix! Fix!" 
Kaum hatte Werner, dem doch etwas ängstlich zu Mute war, 
ein paar Schritte in den dunklen Gang hinein gemacht, so fühlte er 
hinter sich einen Luftzug, und plötzlich war es ganz finster, denn die 
Thür hatte sich lautlos wieder geschlossen. Nun sank ihm doch ein 
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