Full text: Die deutsche Geschichte in ihren wesentlichen Grundzügen und in einem übersichtlichen Zusammenhang

192 Kap. 27. Kaiser aus verschied. Häusern. (Albrecht I, der Rütlibund.) 
Hofe gab man ihnen zu verstehen, daß, wenn sie die österreichische 
Herrschaft annehmen würden, alle Noth ein Ende haben werde. Weil 
nun auf ihre fortgesetzte Weigerung der Uebermuth der Vögte bis zu 
den ärgsten Freveln stieg, stifteten W alter Fürst, W erner Stauf¬ 
fach er und Arnold vonMelchthal mit noch 30 freien Männern 
1308 den Freiheitsbund auf dem Nütli zur Vertheidigung ihrer 
Rechte und zur Vertreibung der tyrannischen Vögte, mit dem Vorsatz, 
dabei die Pflichten gegen das Reich und gegen die Kirche in keiner 
Weise zu verletzen, noch jemand Andern, selbst nicht die Habsburger, 
in ihren Rechten zu kränken. Bis zum festgesetzten Tag der Ausfüh¬ 
rung verhielten sich die Eidgenossen ruhig, selbst als Wilhelm Teil, 
unabhängig vom Bunde, im Gefühl des empörten Vaterherzens mit 
dem Rachepseil den Landvogt Geßler erschoß. 
Geßlcr (wird erzählt) hatte, um die Widerstrebenden von den Unterwür¬ 
figen zu unterscheiden, aus dem Markte zu Altdorf eine Stange mit einem 
Herzogshut aufrichten lassen, dem jeder Vorübergehende dieselbe Ehre erweisen 
sollte, als ob es der Herzog selbst wäre. Als Teil, bekannt im Laude als der 
beste Bogenschütze, beim Vorübcrgchcn mit seinem Knaben, sich deß weigerte, warv 
ihm der Tod gedroht, aber von Geßler unter der Bedingung Gnade augcboten, 
wenn er von dem Haupte seines Kindes einen Apfel schösse. Vergebens bat T e l l, 
sein Vatcrherz mit dieser unmenschlichen Forderung zu verschonen. Er mußte 
schießen und traf glücklich den Apfel. Weil er aber vorher einen zweiten Pfeil in 
den Koller gesteckt hatte und auf Befragen antwortete, daß derselbe, wenn er sein 
Kind getroffen hätte, für den Landvogt bestimmt gewesen wäre, so befahl dieser, ihn 
gefesselt zu Schiffe zu bringen, uni ihn mit nach Küßna cht zu nehmen. Unter¬ 
wegs brach ein Sturar aus, der dem Kahn den Untergang drohte. Da Teil auch 
als guter Fährmann galt, so wurde er loSgcbundcn, um den Kahn durch die 
Fluthcn zu steuern. Er lenkte aber das Schiff nach einem Felsvorsprung (der 
sog. Tellsplatte), sprang hinauf und stieß das Schiff zurück in die Wellen. 
Dennoch cntgicng Geßler der Gefahr und erreichte das Land. Als er aber die 
hohle Gasse nach Küßnacht hinabritt, schoß ihm Teil, der ihm aufgclaucrt 
hatte, den Pfeil durch die Brust. 
Erst am Neujahrstage 1308 lösten die Eidgenossen ihr Wort, 
nahmen durch raschen Ueberfall die Zwingburgen ein, verjagten ohne 
Blutvergießen die Vögte und erneuerten in Brunnen ihren 
Bund auf zehn Jahre. 
Schon machte Albrecht Anstalten, dafür strenge Ahndung an 
den Bauern zu nehmen, als er auf einem Ritte von Baden nach 
Nheinfelden von seinem eigenen Neffen Johann von Schwaben, 
weil er diesem sein schweizerisches Erbe vorenthielt, bei Windisch 
an der R e u ß ermordet wurde. Der Mörder (Johannes Parricida) 
und seine Gehülfen entflohen; zwei der letztem aber wurden gefangen 
und gräßlich hingerichtet.
	        
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