Object: Deutsche und preußische Geschichte von Friedrich dem Großen bis zur Gegenwart (Teil 4)

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Achter Zeitraum. Yon 1789 —1858. 
Kirche, sondern, obwohl an dem Glauben an Gott und Unsterb¬ 
lichkeit festhaltend, den kirchlichen Dogmenglauben überhaupt und 
wollte nur eine Yernunftreligion gelten lassen. Montesquieu pries 
die konstitutionelle (besser gesagt: parlamentarische) Verfassung 
Englands, in der die königliche Macht durch das Parlament in 
hohem Mafse beschränkt ist, als das Ideal einer Verfassung. 
Rousseau träumte von einem idealen Naturzustande, in welchem 
die Menschen gleich gut, gleich frei und gleich reich gewesen 
seien, und erklärte die demokratische Republik für die einzig 
menschenwürdige Verfassung. Ähnliche Ideen wurden in einem 
grofsen Wörterbuch des gesamten Wissens, der „Encyklopädie“, 
von Diderot und d’Alembert (daher „Encyklopädisten“ genannt) 
ausgesprochen. Ja manche gingen in ihrer Freigeisterei so weit, 
die Existenz Gottes und des Geistes überhaupt zu leugnen 
(Atheisten, Materialisten). 
31. 2. Reformversuche Lndwigs XVI. 
Ludwigs XV. Fachfolger, sein Enkel Ludwig XVI. (1774 —1792), 
war ein Fürst von sittlicher Reinheit und besafs den besten Willen 
seinem unglücklichen Lande zu helfen; doch es fehlte ihm sowohl 
die Schärfe des Geistes wie die Kraft des Willens, um das Staats¬ 
schiff in den Wogen einer wild aufgeregten Zeit zu steuern. Er 
war vermählt mit der liebenswürdigen Marie Antoinette, einer 
Tochter Franz’ I. und Maria Theresias von Österreich. 
Sogleich nach Antritt seiner Regierung berief Ludwig den 
trefflichen Turgot zum leitenden Minister. Dieser versuchte eine 
Reihe wohlthätiger Reformen durchzuführen, welche, wären sie 
gelungen, die Schäden der Verwaltung gebessert und die wirt¬ 
schaftliche Not gemildert hätten. Doch Turgot scheiterte an dem 
Widerstande der bevorrechteten Klassen. Ebenso wenig Erfolg 
hatten seine Nachfolger: Necker, ein vortrefflicher Bankier, aber 
als Staatsmann unfähig, trotzdem jedoch beim Volke beliebt und 
als hervorragender Politiker geltend, Calonne, ein gewissenloser 
Mensch, der durch allerlei Schwindelkünste den Staat gesund 
machen wollte, und Brienne, der die Verwirrung nur steigerte. 
Zum zweitenmale zur Freude des Volkes Minister geworden 
(1788), fafste Necker den Plan, zur Rettung des Staats die
	        
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