licher Gnade.- nicht als Familienrecht und Erke war
es dem jungen Tassilo n. zugedacht. Die Idee der
Oberherrlichkeit Frankreichs über Bojoarien
fand in diesem Ercigniß ihre wesentlichste Gründung. —
Pipin verschaffte seinem minderjährigen Neffen Tas-
stlo u. durch das Ansehen der fränkischen Waffen zwar
das Land deS Vaters wieder, — doch nicht als Erb¬
gut, als Lehen — soll der junge Agilolfinger sein an¬
gestammtes Herzogthum auö der Hand des fränkischen
Königs empfangen. — In der oberherrlichen Absicht,
Fürst und Volk BojoarienS an den fränkischen
Staatenverein lehenbar fest zu knüpfen, beschied Pipin
de» erst fünfzehnjährigen agilolfingischeu Prinzen Tas¬
silo II. 757 als er nach fränkischen Gesetzen mündig
war, nach Compiègne, um ihn in feierlicher Ver-
fammlung der Großen des Reiches und der mächtigsten
Lchenträger der fränkischen Krone mit dem Herzoglhum
Bojoarien zu belehnen. Von Tassilo H. und den an-
wesenden Edlen seines Volkes forderte Pipin den Va»
sallencid; sie mußten schwören: „treu zu bleiben dem
„selbsterwählten Herrn und König Pipin, wie
„auch seinen beiden Söhnen Carl und Karlmann,
„und demselben mit ganzer Seele ergeben zu sein nach
„wahrer Lehenmannö Pflicht!" — dieses Gelübde mußten
sie noch besonders,' zu engerm Gewissenszwang, über
den Gebeinen der LandeSheiligeü bekräftigen. — ^ Also
ward das uralt selbstständige Bojoarien in ein fränki¬
sches Lehen umgewandelt! — Pipin, der als Usurpator
die Dynastie der Merowinger stürzte, der Childe-
rich dem rechtmäßigen König der Franken Thron und
Reich raubte, begrüßte nach diesem Huldigungsact Tas¬
silo II. den legitimen Erben BojoarienS, als Vasallen
Frankreichs! — Die Ungerechtigkeit PipinS war um so grö¬
ßer, als Tassilo, kaum mündig, zu einer Handlung ge¬
zwungen wurde, deren wichtige Folgen der junge Prinz noch
nicht reif benrthcilen konnte. — Die bisherige Staatsver¬
fassung BojoarienS ward durch den Vasalleneid umge-
stürzt, der Staat verlor seine Souveränität, der Herzog
und die Großen des Landes muften auf den frankilchen
Reichstagen erscheinen, dort über die Verwaltung Rechen¬
schaft ablegen und für Franken im Kriege dienen! —