13. Frankreich unter Ludwig Philipp.
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litischen Freunde nicht hindern werde, sich, vorbehaltlich der später
zu fordernden gerichtlichen Rechenschaft wegen Verletzung des Gesetzes
von 1790, zu dem Locale des Reformschmauses zu begeben, daß er
aber entschlossen sei, die angekündigte Versammlung auf der Place
Madeleine als Verletzung eines Gesetzes von unbestrittener Gültigkeit
zu verhindern. Die parlamentarische Opposition aber wollte jeden
Zusammenstoß des Volkes mit der bewaffneten Macht vermeiden,
denn der gemäßigte Theil dieser Partei scheute den Sieg des Volkes,
der viel weiter gehen konnte, als ihre Zwecke, und die Radicaleil
wagten nicht, diesen Sieg zu hoffen. So blieb ihr nur die Wahl
zwischen dem Bürgerkriege und einer beispiellosen Selbstdemüthigung.
Rach einer kurzen Berathung beschloß die Opposition, das Reformfest
abzusagen.
Die Februar-Revolution 1848.
Obgleich die Oppositionsblätter vom 22. Februar die dringendsten
Mahnungen an das Volk richteten, sich ruhig zu verhalten, der Po¬
lizei- und der Militärgewalt keinen Vorwand zu Gewaltmaßregeln
zu geben, sammelte sich das Volk, welches zum großen Theile noch
nicht wußte, daß das Banket abgesagt war, in großer Menge ohne
Waffen vor der Magdalenenkirche und auf den benachbarten Straßen
und Boulevards und erwartete vergebens die Führer der Reformbe¬
wegung; der Tag ging mit dem Bau einiger Barricaden und ein¬
zelnen leichten Straßenkämpfen vorüber. Am 23. Februar wurde
der Barricadenbau rüstiger betrieben, lauter und vielstimmiger er¬
scholl der Ruf für die Reform und gegen das Ministerium, worin
bald auch die Nationalgarde einstimmte. Das Ministerium gab seine
Entlassung ein, die der noch immer sorglose König gewährte. Diese
Nachricht wurde mit Jubel ausgenommen, alle Feindseligkeiten horten
auf, denn Alles, was man verlangt hatte, war ein neues Ministe¬
rium und irgend eine Wahlresorm, und letztere hielt man durch die
Entlassung Guizot's für verbürgt, bte republikanische Partei gab
ihre Sache für diesmal gänzlich verloren.
Mit eintretender Dunkelheit begann eine freiwillige Beleuchtung
der Häuser. Die wogende Menschenmasse drängte sich am dichtesten
vor dem Ministerium des Auswärtigen zusammen, und ans einige
feindselige Rufe gegen Guizot fiel plötzlich, von einer Hand und auf
eine Veranlassung, die nicht mit Sicherheit hat ermittelt werden kön¬
nen, ein Schuß. Der Wachtposten (von 50 Mann), welcher zum
Schutze der bisherigen Wohnung des eben gestürzten Ministers auf¬
gestellt war, hielt diesen Schuß für den Beginn eines Angriffs und
erwiederte denselben, wie es scheint ohne Befehl des commandirenden
Offtciers, mit einer Salve aus 50 Gewehren. Sofort ertönte das
Geschrei: Mord! Verrath! Zu den Waffen! Zahlreiche Leichen von
Männern, Weibern und Kindern wurden aufgehoben, bei Fackelschein