2. Die Lage Europa's im Anfänge der neuesten Zeit.
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nicht verkannt werden kann, daß Montgelas' Verwaltung in Baiern
höchst willkürlich und gewaltthätig gewesen ist, so ist doch auch an¬
dererseits gewiß, daß es Baiern hauptsächlich seiner kräftigen und
umsichtigen Leitung zu danken hat, daß es nächst Preußen der mäch¬
tigste Staat Deutschlands geworden, und zugleich aus dem Zustande
der Rohheit und Finsterniß hervorgetreten ist, in dem es sich noch
befand, als Maximilian Joseph 1799 zur Regierung gelangte.
Württemberg hatte in König Friedrich einen Fürsten, der
durch die Stärke seines Charakters und Willens eher geeignet war,
einen großen Staat zu beherrschen, als einen kleinen. Da er dennoch
kein Vasall, sondern ein geachteter und wo möglich gefürchteter Bun¬
desgenosse Napoleon's sein wollte, und demgemäß eine unverhältniß-
mäßige Kriegsmacht ausstellte, so mußte dadurch nothwendig eine
unerschwingliche Abgabenlast und ein unleidlicher Druck entstehen, der
den König bei seinem Volke um so mehr verhaßt machte, je rück¬
sichtsloser und gewaltthätiger sich sein Regiment in Bezug auf die
innere Verwaltung zeigte. Denn kaum hatte er in Folge der Rhein¬
bundsacte die unumschränkte Machtvollkommenheit erhalten, als er
die alte württembergische Verfassung, durch welche der Fürst vielfach
beschränkt war, vernichtete. In seinem Volke ward jetzt das einmüthige
Verlangen laut, von dem tyrannischen Drucke, unter dem es geschmachtet
hatte, befreit und dagegen gesichert zu werden. König Friedrich
schien Anfangs diesen Geist nicht beachten zu wollen; als er aber
erkannte, daß jener sich weder beschwichtigen, noch unterdrücken lasse,
so verlieh er seinem Volke aus eigener königlicher Machtvollkommen¬
heit eine neue Verfassung, die inzwischen die einmal entstandene Gäh-
rung nicht stillte, vielmehr vermehrte, weil die Wortführer des Volkes
die neue Verfassung schlechthin nicht anerkennen wollten, sondern mit
Beharrlichkeit die unbedingte Wiederherstellung der alten verlangten.
Allein da König Friedrich mit gleicher Starrheit dies Verlangen zu¬
rückwies, so entstand ein Hader, dessen Ende Friedrich nicht mehr
erlebte. (Das Nähere s. Nr. 3, b.)
Sachsen ward seit der Schlacht bei Leipzig im Namen der Ver¬
bündeten Anfangs von Rußland, dann von Preußen verwaltet, und
sah der endlichen Bestimmung seines Schicksals durch den Wiener
Congreß mit Sehnsucht entgegen. Man mußte nach allen theils
ganz, theils halb officiellen Aeußerungen erwarten,' daß dies Land
mit Preußen werde vereinigt werden. Obgleich das sächsische Volk
im Ganzen gewiß nur die Rückkehr seines tugendhaften und weisen
Königs wünschte, so würde es sich doch in die Vereinigung mit
Preußen, als in eine Nothwendigkeit gefügt haben, wenn sie nur
ganz, und nicht halb erfolgt wäre. Allein die Theilung Sachsens
brachte einen Riß in Deutschland hervor, der erst durch die Macht
der alles heilenden Zeit vernarben konnte.
Hannover kehrte, vergrößert durch Hildesheim und Ostfries¬
land, und zu einem Königreiche erhoben, an das Haus Hannover