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18. Die revolutionären Bewegungen in Deutschland.
des Krieges gegen die französische Republik, durch persönliche Tapfer¬
keit hervorgethan hatte, so waren doch von der ihm feindlichen Presse
äußerst nachtheilige Gerüchte über sein Privatleben in Umlauf ge¬
setzt und von dem Publicum geglaubt worden. Am 28. Juni
(1837) hielt der König Ernst August seinen Einzug in seiner Resi¬
denzstadt Hannover. Schon am 3. Juli erklärte er, daß er die
bestehende Verfassung nicht anerkenne, weil sie ohne seine, des dama¬
ligen Thronerben, Zustimmung zu Stande gekommen, er also an die¬
selbe nicht gebunden sei, und daß er sie für das Wohl seiner Unter-
thanen nicht für zuträglich halte. Die wahre Ursache aber, warum
der bisherige Herzog von Cumberland das Werk seines Vorgängers
beseitigen wollte, war die Bestimmung der Verfassung von 1833,
welche die Domainen für Staatsgut erklärt und dafür eine Civil-
liste eingeführt hatte. Ernst August fürchtete dadurch seine Einkünfte
geschmälert zu sehen. Die im Vergleiche zu den Ausgaben seines
Ranges geringe Dotation, welche ihm als englischem Prinzen ausge¬
setzt gewesen, hatte ihn in Schulden gestürzt. Diese sollten von dem
Ertrage der hannöver'schen Domainen gedeckt werden.
Als der König den Huldigungseid verlangte, verweigerten ihn
manche Beamte, andere leisteten ihn nur mit ausdrücklicher Hinwei¬
sung auf das Grundgesetz, oder reichten freiwillig ihre Entlassung
ein. Sieben ausgezeichnete Professoren der Göttinger Universität:
Jakob und Wilhelm Grimm, Dahlmann, Gervinus, Ewald, Albrecht
und Weber, verweigerten die verlangte Huldigung, indem sie sich
durch ihren auf die Verfassung von 1833 abgelegten Eid für ge¬
bunden erklärten. Sie wurden ihrer Stellen entsetzt, und Jakob
Grimm, Dahlmann und Gervinus mußten außerdem binnen drei
Tagen das Land verlassen. Einer im Februar 1838 mit großer
Mühe vollzählig gemachten Ständeversammlung ward der Entwurf
zu einer neuen Verfassung vorgelegt, nach welchem die Krone so gut
wie unumschränkt gewesen wäre. Die Steuern sollten von der Volks¬
vertretung nie verweigert werden dürfen, die Verhandlungen geheim,
die Minister unverantwortlich sein. Die Stände lehnten diesen Ent¬
wurf ab, beschlossen eine Eingabe an den Bundestag um Schutz
für die Verfassung von 1833, und wurden auf unbestimmte Zeit
vertagt. Erst die Ständeversammlung von 1840 nahm den Entwurf
der Regierung mit einigen Abänderungen an. Der König hatte je¬
doch im Wesentlichen seine Absichten, den eigenthümlichen Besitz der
Domainen und die Beschränkung der Volksrechte, erreicht. Der Bun¬
destag wies die Klage der hannöver'schen Stände mit neun gegen
sieben Stimmen ab. Er hatte sich früher eben so gegen die kur¬
hessische Ständeversammlung, gegen die holsteinischen Prälaten und
Ritter, gegen die westfälischen Domainenkäufer u. s. w. verhalten.