377
K. Lohmann, Stein und Arndt.
doch im Herzen blieben sie einander verbunden bis ans Ende. Unbeirrt
durch die Anklagen des Hochverrats und des Jakobinertums, die Dema¬
gogenverfolger gegen Arndt schleuderten, hat Stein in unverbrüchlicher
Treue zu seinem wackeren Gehilfen aus großer Zeit gehalten. Dieser
war im Steinfchen Hause ein stets willkommener Gast zu Nassau an
der Lahn oder zu Kappenberg in Westfalen, wo er alljährlich einige
Wochen verlebte. Und als sein edler Gönner im Jahre 1831 zu Kappen¬
berg starb und seine Leiche zur Gruft seiner Väter nach Frücht an der
Lahn überführt wurde, da hat Arndt die irdische Hülle des Freundes
von Bonn aus eine Strecke Weges geleitet und noch dem Toten Treue
und Verehrung erwiesen.
Das herrlichste Denkmal dieser Treue und Verehrung, zugleich ein
Denkmal ihres gemeinsamen Wirkens, ist Arndts köstliches Buch: Meine
Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Karl v. Stein.
Mit wunderbarer Frische und unendlicher Liebe entwirft in ihm der
Dichter als Greis von fast neunzig Jahren ein herrliches Bild des großen
Mannes, seiner äußeren Erscheinung und seines Charakters, seines Wir¬
kens und Strebens, so deutlich, so lebenswahr, wie es eben nur die
liebevollste Versenkung in die Natur des anderen zu zeichnen vermag;
die gedrungene Gestalt des Freiherrn mit den breiten, deutschen Schultern,
dem festen und gleichen Schritt; das stattliche Haupt mit der breiten,
zurückgeschlagenen Stirn, mit der mächtigen Adlernase, unter ihr der fein
geschlossene Mund. „Seine Stirn," so schreibt Arndt, „meist auch sein
Blick wurden von dem Nebelgewölk des Verdrusses oder vollends von
den düsteren Donnerwolken des Zornes nur selten überzogen, dort
leuchtete fast immer der klare Olymp eines herrschenden, feurigsten
Geistes; unten aber, um Wangen, Mund und Kinn zuckten die heftig
empörten Triebe, die wohl an einen Löwengrimm gemahnen konnten."
Schier unerschöpflich ist Arndt in Namen, Bezeichnungen und Ver¬
gleichen für seinen Helden. Für ihn selbst ist Stein der Herr, und
selten hat es einen verständnisvolleren Diener gegeben. Und wenn er
ihn den edlen Ritter nennt, so ist er selbst, Arndt, der treue Knappe
und Schildträger in allen gemeinsamen Kümpfen gewesen. Ein ander¬
mal spielt der Erzähler auf das Verhältnis des Elias und des Elisa
an; da wird vor unseren Blicken Stein zu dem gewaltigen, feurigen
Propheten des alten Bundes, der die Baalspriester besiegt und die Herr¬
schaft des wahren Gottes neu begründet; da wird uns Arndt selbst zu
Elisa, dem bescheidenen, treuen Gehilfen des großen Elias. Oder Arndt
vergleicht seinen Helden mit dem Adler und dem Löwen und zeigt uns
in diesen Vergleichen die wahrhaft königliche Natur des großen Mannes.
Stein ist ihm der Titan, vor dessen Macht und Größe sich die anderen
neigen. Und zuletzt, wo er die ganze Bedeutung seines Helden zu¬
sammenfaßt, erhebt er Stein auf eine Stufe mit Hermann, dem Be¬