Object: Für Ober-Sekunda und Prima (Prosah. 7)

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K. Lohmann, Stein und Arndt. 
doch im Herzen blieben sie einander verbunden bis ans Ende. Unbeirrt 
durch die Anklagen des Hochverrats und des Jakobinertums, die Dema¬ 
gogenverfolger gegen Arndt schleuderten, hat Stein in unverbrüchlicher 
Treue zu seinem wackeren Gehilfen aus großer Zeit gehalten. Dieser 
war im Steinfchen Hause ein stets willkommener Gast zu Nassau an 
der Lahn oder zu Kappenberg in Westfalen, wo er alljährlich einige 
Wochen verlebte. Und als sein edler Gönner im Jahre 1831 zu Kappen¬ 
berg starb und seine Leiche zur Gruft seiner Väter nach Frücht an der 
Lahn überführt wurde, da hat Arndt die irdische Hülle des Freundes 
von Bonn aus eine Strecke Weges geleitet und noch dem Toten Treue 
und Verehrung erwiesen. 
Das herrlichste Denkmal dieser Treue und Verehrung, zugleich ein 
Denkmal ihres gemeinsamen Wirkens, ist Arndts köstliches Buch: Meine 
Wanderungen und Wandlungen mit dem Reichsfreiherrn Karl v. Stein. 
Mit wunderbarer Frische und unendlicher Liebe entwirft in ihm der 
Dichter als Greis von fast neunzig Jahren ein herrliches Bild des großen 
Mannes, seiner äußeren Erscheinung und seines Charakters, seines Wir¬ 
kens und Strebens, so deutlich, so lebenswahr, wie es eben nur die 
liebevollste Versenkung in die Natur des anderen zu zeichnen vermag; 
die gedrungene Gestalt des Freiherrn mit den breiten, deutschen Schultern, 
dem festen und gleichen Schritt; das stattliche Haupt mit der breiten, 
zurückgeschlagenen Stirn, mit der mächtigen Adlernase, unter ihr der fein 
geschlossene Mund. „Seine Stirn," so schreibt Arndt, „meist auch sein 
Blick wurden von dem Nebelgewölk des Verdrusses oder vollends von 
den düsteren Donnerwolken des Zornes nur selten überzogen, dort 
leuchtete fast immer der klare Olymp eines herrschenden, feurigsten 
Geistes; unten aber, um Wangen, Mund und Kinn zuckten die heftig 
empörten Triebe, die wohl an einen Löwengrimm gemahnen konnten." 
Schier unerschöpflich ist Arndt in Namen, Bezeichnungen und Ver¬ 
gleichen für seinen Helden. Für ihn selbst ist Stein der Herr, und 
selten hat es einen verständnisvolleren Diener gegeben. Und wenn er 
ihn den edlen Ritter nennt, so ist er selbst, Arndt, der treue Knappe 
und Schildträger in allen gemeinsamen Kümpfen gewesen. Ein ander¬ 
mal spielt der Erzähler auf das Verhältnis des Elias und des Elisa 
an; da wird vor unseren Blicken Stein zu dem gewaltigen, feurigen 
Propheten des alten Bundes, der die Baalspriester besiegt und die Herr¬ 
schaft des wahren Gottes neu begründet; da wird uns Arndt selbst zu 
Elisa, dem bescheidenen, treuen Gehilfen des großen Elias. Oder Arndt 
vergleicht seinen Helden mit dem Adler und dem Löwen und zeigt uns 
in diesen Vergleichen die wahrhaft königliche Natur des großen Mannes. 
Stein ist ihm der Titan, vor dessen Macht und Größe sich die anderen 
neigen. Und zuletzt, wo er die ganze Bedeutung seines Helden zu¬ 
sammenfaßt, erhebt er Stein auf eine Stufe mit Hermann, dem Be¬
	        
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