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19. Die politischen und religiösen Kämpfe in der Schweiz.
Grenze. Freiburg wurde von Oberst Maillardoz in ziemlich guten
Vertheidigungsstand gesetzt, und das Volk war muthig, aber als die
Walliser durch die Waadtländer an einer Hülfeleistung verhindert
wurden und Dufour mit 25,000 Mann und vielem Geschütze gegen
die Stadt heranzog, entschloß sich die Regierung, nach einem unbe¬
deutenden Gefechte zu capituliren, um die Stadt vor Sturm und
Plünderung zu retten. Obgleich Dufour Schonung der Personen und
des Eigenthums zngesichert hatte, übte doch die radicale Soldateska
schändlichen Unfug, mißhandelte viele Personen, plünderte viele Häu¬
ser, vor allen das hoch über der Stadt sich erhebende Jesuiten-Collegium,
in dem Alles gestohlen oder zertrümmert wurde, und terrorisirte Tage
lang fort. Dufour klagte bitter, die Aufführung seiner Truppen sei
eine Schande, „die er einer verlorenen Schlacht gleichsetze", allein er
hatte keine Macht, irgend Jemanden zu bestrafen und hinderte nicht,
daß unter seinen Bayonnetten im Theater eine neue Verfassung und
Regierung des Cantons Freiburg ausgerufen wurde.
Sodann griff Dufour das Hauptheer des Sonderbundes, das
sich bei Gislikon verschanzt hatte, am 23. November mit ungeheu¬
rer Uebermacht an. Die Ueberzeugung, man sei zu schwach, bemäch¬
tigte sich immer mehr der Sonderbundstruppen, die sich auf Luzern
und über den See zurückzogen. Die Luzerner Regierung floh davon,
der Stadtrath allein blieb als zuständige Behörde zurück und nahm
die von Dufour angebotene Capitulation an. Auch diesmal wurde
wieder Sicherheit der Person und des Eigenthums versprochen. Die
Häupter des Sonderbundes, die Jesuiten von Luzern (darunter der
als Missionsprediger nachher berühmt gewordene P. Roh) flohen
nach Italien. Die Urcantone Schwyz, Uri und Unterwalden, so
wie auch Wallis nahmen Capitulationen an, und der Krieg war
zu Ende.
In Luzern wurde sogleich eine neue radicale Regierung eingesetzt,
an deren Spitze Steiger trat, um schonungslose Reaction zu üben,
wie in Freiburg. Die Mitglieder der alten Regierung und alle be¬
sonders compromittirten Freunde des Sonderbundes wurden verfolgt,
eingekerkert, ihr Vermögen confiscirt und die Klöster aufgehoben.
Auch in Wallis kam eine radicale Negierung unter Barmann auf,
der die Klöster einzog und sogar die menschenfreundlichen Mönche
aus dem berühmten Hospiz vom St. Bernhard vertrieb. In den Ur-
cantonen fügte man sich den Gewaltmaßregeln des Bundes, doch
drang hier wenigstens der Radicalismus nicht in die Regierungen
ein. Die Sonderbunds-Cantone mußten die Kriegskosten tragen und
schon am 20. December vorläufig 1 Million Franken abzahlen, der
Cantón Neuenburg, weil er neutral geblieben war, 300,000 Fr.,
Appenzell-Jnnerrhoden aus gleichem Grunde 15,000.