Full text: Die Geschichte der letzten 50 Jahre

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21. Die polnische Revolution. 
Unterdessen hatte sich in dem Lager der Polen Manches verändert. 
Chlopicki war in der Schlacht bei Grochow, wo er sich mit dem grö߬ 
ten Heldenmuthe benommen, so gefährlich verwundet worden, daß er 
nicht weiter befehligen konnte. Radziwill, der die Stimmung gegen 
ihn unverhohlen sich äußern sah, dankte selber ab. Die Generäle be¬ 
riechen sich nun, wen sie an seine Stelle setzen sollten. Unter allen 
hatte sich in den letzten Schlachten, besonders aber auch in der von 
Grochow, am meisten Skrzynecki durch Tapferkeit und Kaltblütig¬ 
keit ausgezeichnet. Für ihn entschied sich auch die öffentliche Mei¬ 
nung. Die Generäle schlugen ihn vor, die Regierung war damit 
einverstanden, der Reichstag bestätigte die Wahl. Skrzynecki gab sich 
sofort außerordentliche Mühe, den Muth der Truppen aufzurichten, 
die gelichteten Bataillone wieder zu ergänzen, die verlornen Waffen 
zu ersetzen, Kriegsbedarf herbeizuschaffen, neue Aushebungen zu ver¬ 
anstalten. Auch benutzte er die Zeit der Ruhe, um mit Diebitsch 
Unterhandlungen anzuknüpfen und zwar in dem Sinne der Politik 
der Erhaltungspartei; zugleich wollte man Zeit gewinnen. Der letz¬ 
tere Zweck ward am meisten erreicht, denn als um die Mitte März 
die Feindseligkeiten wieder begannen, war die polnische Hauptarmee 
bis auf 51,000 Mann angewachsen, abgesehen von den besonderen 
Corps, welche 25,000 Mann zählten. 
Da Diebitsch an dem glücklichen Ausgange eines Kampfes vor 
Praga und an einer Erstürmung Warschau's von dieser Seite her 
verzweifelte, so wollte er oberhalb Warschau über die Weichsel setzen, 
und den Polen in die Flanke kommen. Zu diesem Ende ließ er all¬ 
mählich seine Corps aus der Rühe von Praga aufbrechen und sich 
langsam gegen den zum Uebergange ausersehenen Punkt hinbewegen. 
Um diese seine Seitenbewegung zu verdecken, ließ er das Rosen'sche 
Corps noch vor Praga zurück, eine Zeit lang war die ganze russische 
Armee von der äußersten rechten bis zur äußersten linken Spitze in 
verschiedene kleinere Abtheilungen zerstreut, welche so weit von ein¬ 
ander entfernt waren, daß sie sich nicht zu Hülfe kommen konnten. 
Allein der polnische Heerführer wußte diesen äußerst günstigen Um¬ 
stand nicht zu benutzen. Mit einiger Energie und Gewandtheit 
konnte ein russisches Corps nach dem andern von der polnischen 
Hauptarmee vernichtet werden, wenn diese sich mit Ueberlegenheit 
auf jedes vereinzelte warf. Allein Skrzynecki war eben so, wie Chlo- 
picki, nur ein guter Divisions-General, aber kein strategisches Genie. 
Er begnügte sich, eben so wie Diebitsch, sein Heer in entsprechenden 
Abtheilungen den einzelnen russischen Corps gegenüber zu stellen; 
nur einzelne Scharmützel erfolgten da und dort, ohne jedoch zu einem 
Ergebnisse zu führen. 
Während nun durch Skrzynecki's Unthätigkeit für die Polen ein 
höchst günstiger Augenblick unbenutzt vorüberging, sollten die um die¬ 
selbe Zeit unternommenen Versuche, in Volhynien und Litthauen 
einzufallen und dort den Volksaufstand hervorzurufen, ebenfalls
	        
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