60. Der Krieg in Deutschland und Italien.
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Schauspiel, das feindliche Corps durch ihre Fronte hindurch in Preß-
burg einrücken zu sehen.
Die Unterhandlungen über einen Waffenstillstand hatten un¬
mittelbar nach der Schlacht bei Königgrätz begonnen. Zwar wurde
v. Gablenz, der zweimal als Parlamentär im preußischen Lager erschien,
mit seinen Vorschlägen Behufs einer Waffenruhe abgewiesen. Aber
plötzlich traf die überraschende Nachricht ein: der Kaiser von Oester¬
reich, nachdem er die Ehre seiner Waffen in Italien gewahrt hat,
tritt Venetien an den Kaiser der Franzosen ab und nimmt die Ver¬
mittlung desselben zur Herbeiführung des Friedens zwischen den
kriegführenden Theilen an. So konnte Oesterreich feine Süd-Armee
aus Italien abberufen und im Norden gegen Preußen verwenden.
Daher weigerte sich Preußen, auf einen Waffenstillstand einzugehen, ohne
zugleich die Friedens-Präliminarien festzusetzen. Unter französischer
Vermittlung kam nun zunächst eine btägige Waffenruhe (22.— 27.
Juli) zu Stande, und an diese reihte sich unmittelbar ein Waffen¬
stillstand, dessen Bedingungeli zugleich die Friedens-Präliminarieil ent¬
halten. Im 2. Artikel derselben „erkennt der Kaiser von Oesterreich
die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an und gibt seine
Zustimmung zu einer neueil Gestaltung Deutschlands ohne Betheili¬
gung des österreichischen Kaiserstaates. Eben so verspricht der Kaiser,
das engere Bundesverhältniß anzuerkennen, welches Preußen nördlich
von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich damit
einverstanden, daß die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen
Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbin¬
dung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwi¬
schen beiden Vorbehalten bleibt." Oesterreich tritt Venetien an Ita¬
lien, seinen Mitbesitz von Schleswig - Holstein an Preußen ab und
zahlt 40 Millionen Thaler Kriegskosten, wovon die Hälfte als frü¬
here Kriegs- und Verpflegungskosten wegen der Occupation Schles¬
wig-Holsteins in Abrechnung kommt. Es erkennt die in Norddeutsch¬
land vorzunehmenden Besitzveränderungen an, nur Sachsen ist in
den österreichisch-preußischen Friedensschluß einbegriffen und behält sei¬
nen Länderbesitz, vorbehaltlich weiterer Bestimmungen über dessen
Stellung im norddeutschen Bunde und zu Preußen.
e. Der Krieg auf dem westlichen Schauplatze, mit der
sog. Bundes-Armee.
Während die Hauptentscheidung auf dem östlichen Kriegsschau¬
plätze erfolgte, wo die Dimensionen der Kämpfe und die Raschheit
der Erfolge so sehr das Staunen aller Welt auf sich zogen, daß dar¬
über die Thätigkeit der preußischen Main-Armee fast übersehen
wurde, hat diese doch im Verhältnisse zu ihrer Stärke nicht minder
bedeutende Erfolge erzielt, und ihre Aufgabe, die Bundestruppen mehr
durch die Kunst des Manövrirens, als durch ernstliche Kämpfe zu
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