Full text: Die Geschichte der letzten 50 Jahre

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8. Aufstand und Wiedergeburt Griechenlands. 
1822) ergab und sogleich enthauptet wurde, seine Bundesgenossen, 
die Sulioten, aber ihre Heimat aufs hartnäckigste vertheidigten und 
erst nach Erschöpfung aller Vorräthe (2. September 1822) nach 
Korfu und von da heimlich und vereinzelt nach Mesolongi übersie¬ 
delten, um an den ferneren Kämpfen für das gemeinschaftliche grie¬ 
chische Vaterland Theil zu nehmen, — brach auf dem Festlande des 
eigentlichen Griechenlands der Kampf zunächst im Süden, auf der 
Halbinsel Morea, aus. Am 22. März drangen Mavromichülis, 
Th. Kolokotronis, Nikitas, Anagnostarüs u. A. mit bewaffneten und 
unbewaffneten Haufen in Kalamäta ein, und am 23. ergaben sich 
die Türken. Mit den türkischen Waffen ward ein Theil der unbe¬ 
waffneten Schaaren bewehrt und am 24. die Eröffnung des Frei¬ 
heitskampfes durch ein feierliches Hochamt am Ufer des Flusses ge¬ 
weiht. Wie ein elektrischer Schlag verbreitete sich die Nachricht von 
dem in Kalamata eröffneten Kampfe durch alle Theile Morea's; 
von allen Seiten flohen die Osmanen Tripolitza, der Hauptstadt 
Morea's, und den übrigen festen Plätzen zu; überall rüsteten griechi¬ 
sche Krieger sich zu deren Belagerung; zu Anfang April waren 
fast alle Festen Morea's eingeschloffen. 
Th. Kolokotronis tritt immer entschiedener an die Spitze 
der Unternehmungen. Ans altberühmtem Klephtengeschlecht hatte er 
schon früh den Befehl über eine zahlreiche und verwegene Bande 
geführt; nachher genöthigt, Morea zu verlassen, auf den jonischen 
Inseln in den verschiedenen Griechen-Corps, zuletzt unter General 
Church gedient. Sein kräftiger Wille, sein rascher Entschluß, sein 
Vertrauen zu sich und seinem Stern, seine gebietende Persönlichkeit 
befestigten das Vertrauen, welches bereits sein Name eingeflößt hatte; 
sein alter Freund AnagnostarLs, sein tapferer Neffe Nikitas und die 
wenigen Anderen, die gleich ihm auf den jonischen Inseln den re¬ 
gelmäßigen Kriegsdienst gelernt hatten, ordneten sich ihm willig 
unter. 
Als die durch einige Erfolge ermuthigten Griechen sich Tripo¬ 
litza näherten, ließen die Osmanen durch gefangene Bischöfe und 
Primaten ihnen Amnestie anbieten, und als der Vorschlag mit Hohn 
erwidert ward, verlangten die Belagerten freien Abzug für sich und 
ihre Habe, Lebensmittel und Schiffe. Petrobei Mavromichülis, Th. 
Kolokotronis u. e. A. sollen für die Bewilligung der Capitulation die 
ungeheure Summe von 20 Millionen römischer Thaler verlangt 
haben, eine Summe, von der die Türken in baarem Gelde kaum 
den hundertsten Theil herbeizuschaffen im Stande gewesen wären. 
So ward erfolglos vom 7. bis 21. September unterhandelt. Eine 
kleine Abtheilung griechischer Krieger hatte die Unachtsamkeit der 
türkischen Wachen benutzt und beim Thore von Nauplia die Mauer 
kühn erstiegen. Hunderte von Griechen drangen in das gesprengte 
Thor ein und bemächtigten sich der nahegelegenen Gassen. Am 
Abend waren die Türken fast aus allen Häusern, in denen sie sich
	        
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