Im Grau'n der Nacht, im Windgebraus,
man weiß sich doch im Vaterhaus,
sorgt nicht am Kreuzweg allzuviel,
man geht mit Gott und kommt ans Ziel.
Mit Gott! das ist so wunderleicht;
und doch, so weit der Himmel reicht,
so weit hinwandeln Tag und Nacht,
dies Wort hat wundergroße Macht.
Fürwahr, das ist ein sel'ger Mann,
der's recht von Herzen sagen kann.
Er wird so stark, daß selbst der Tod
demütig naht und nimmer droht.
Wohlan, so sprich zur Abendruh,
zum Morgenlichte sag es du:
Mit Gott! — Mit Gott! so fang es an,
dein Tagewerk, so schließ es dann!
3. Gieb uns heute unser tägliches Brot.
Gordan.) lSiehe Anhang Nr 1
In einem großen Hause, in welchem viele Leute wohnten, stieg ein Mann
20 die Treppe herauf. Er hatte ein Geschäft zu besorgen oder wollle nen Freund
besuchen. Doch konnte er sich nicht zurecht finden, begegnete auch niemandem,
den er nach der Wohnung, welche er suchte, fragen konnte. Es war schon
halb dunkel, und so stieg er bis ins oberste Stockwerk des Hauses, da es ihm
schien, als hätte er von dorther sprechen hören.
25 Hier bemerkte er eine halb offene Thür, aus welcher die Stimme eines
Kindes klang, und als er näher trat und durch die Thürspalte blickte, sah er
einen kleinen Knaben, welcher in emnen ärmlichen Dachstube kniete und belete
Das Kind sprach das Vaterunser, und obgleich der fremde Herr, welcher
hinter der Thür stand, wohl oft schon dieselben Worte gehört und auch selbst
30 gebetet hatte, so fühlte er sich doch mächtig bewegt, als er sie jetzt von den
Lippen dieses frremden Kindes erschallen hoöͤrte.
Als der Knabe an die Stelle kam „Gieb uns heute unser tägliches
Brot!“ so sprach er diese Bitte mehrmals nach einander und betete so innig,
daß es dem fremden Manne die Thränen aus den Augen trieb.
Als das Kind geendet hatte und aufstand, trat der Fremde ein und fragte
nach der Wohnung, welche er suchte. Der Knabe sagte ihm, daß er im falschen
Hause sei, und daß die Wohnung sich im Nebenhaufe befindee
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